Die Universität Innsbruck arbeitet anlässlich des 350-Jahr-Jubiläums ihre Geschichte auf. Eine Kunstintervention von Wolfgang Flatz am "Ehrenmal" vor dem Hauptgebäude sorgt für Debatten. Im Gastkommentar kritisiert der Historiker Gerhard Oberkofler die Jubiläumsinszenierung.

Welche Ehre, Freiheit, welches Vaterland? Die Kunstintervention von Wolfgang Flatz in Innsbruck.
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Zu den zentralen Merkmalen der Jubiläumsinszenierungen der Innsbrucker Universität gehört die Enthüllung der Neugestaltung des Denkmals vor ihrem Hauptgebäude am Christoph-Probst-Platz.

Debatte um Monument

Das 1926 zur dauernden Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Innsbrucker Studenten errichtete Monument mit seinem dreieckigen Steinsockel mit der Umschrift "Ehre – Freiheit – Vaterland" und mit seinem die Schwingen ausbreitenden Adler hat nach 1945 wiederholt Anlass zu Diskussionen und Interventionen gegeben. Zuletzt hat das Denkmal mit der Anbringung von zwei Bronzetafeln 1984 und 1990 eine Zielsetzung erhalten, die zum Denken und Nachdenken über Geschichte und Gegenwart des Innsbrucker Universitätssystems Anstoß, jedenfalls Anregung gegeben hat.

Die 1984 am Steinsockel angebrachte Bronzetafel ist der Erinnerung an den in Innsbruck inskribierten Medizinstudenten Christoph Probst gewidmet, der von der deutschen Justiz als Mitglied der antifaschistischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" am 22. Februar 1943 in München hingerichtet worden ist. Die 1990 separat dort angebrachte Bronzetafel gedenkt der beiden Innsbrucker Theologieabsolventen Ignacio Ellacuría SJ und Segundo Montes SJ, die am 16. November 1989 als Befreiungstheologen im Auftrag der imperialistischen Kräfte in San Salvador mit vier Mitbrüdern und zwei anwesenden Frauen ermordet worden sind.

Die antifaschistische Widerstandsgruppe, der Christoph Probst angehört hat, hat sich den Namen "Weiße Rose" gegeben. Es ist nicht wirklich klar, was der Name bedeuten soll. "Weiß" für Unschuld, "Rose" für Sehnsucht ist eine mögliche, einem intellektuellen Umfeld angemessene Deutung. Diese Unklarheit ändert aber nichts an der Eindeutigkeit des Kampfes dieser Widerstandsgruppe für ein besseres Deutschland.

Terrorismus des Reichtums

Ignacio Ellacuría SJ und Segundo Montes SJ sind in der Nachfolge von Jesus von Nazareth und mit dem Christenkreuz als Symbol für die vom Terrorismus des Reichtums gekreuzigten Völker in Lateinamerika und auf der ganzen Welt eingetreten. Ihr Kampf ist noch lange nicht zu Ende, er steht eigentlich erst am Anfang.

Und wie geht die Innsbrucker Universität mit diesen beiden Vergangenheiten um? Sie lässt auf dem Steinsockel und unterhalb des Adlers eine überdimensionierte "Weiße Rose" installieren, die jetzt die ganze Aufmerksamkeit an sich kettet. Die "Weiße Rose" wird geradezu missbraucht, um jenes Christuskreuz als Symbol des Handelns der ermordeten Befreiungstheologen gegen Armut, Krieg, Unterdrückung und Sklaverei verschwinden zu lassen. So ist, meine ich, diese von der Innsbrucker Universität veranlasste neue Denkmalinszenierung nahe der Heuchelei. (Gerhard Oberkofler, 17.10.2019)