Bernd Wiesberger, der bei 13,676 Millionen Euro Preisgeld hält, denkt nicht an Geld, sondern stets "an den nächsten Schlag". Manchmal denkt er auch an Major-Turniere, an Olympische Spiele, an den Ryder Cup.

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Straka zeigte bei den Houston Open als Vierter auf.

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Schwab blickt in der Saison bereits auf acht Top-10-Plätze.

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America first. Im Golfsport gilt das oft, allerdings kann Donald Trump, sooft er auch zum Schläger greifen mag, rein gar nichts dafür. Bei den mit 7,5 Millionen Dollar (6,8 Mio. Euro) dotierten Houston Open kamen zuletzt fünf Amerikaner unter die ersten vier, der vierte Platz war zugegeben ein geteilter. So oder so gemahnte das an österreichische Skiresultate. Doch jetzt kommt's: Just Österreich reihte sich am Sonntag quasi an zweiter Stelle hinter den USA ein. Österreich, die Golfgroßmacht.

Sepp Straka, um noch kurz in Texas zu bleiben, verbuchte dort als Vierter 256.580,11 Euro. Der Wiener ist Sohn einer Amerikanerin und eines Österreichers, die Familie zog nach Georgia, als er 14 Jahre alt war. Straka bestreitet als erster Österreicher die US-PGA-Tour, da ist die Konkurrenz insgesamt größer und sind die Preisgelder meist höher als in Europa.

Doch nicht nur in Texas, sondern vor allem in Rom hat Österreich der Golfwelt ein Loch geschlagen. Bernd Wiesbergers Erfolg bei den Italian Open war knapp 1,06 Millionen Euro wert und Matthias Schwabs vierter Platz auch noch knapp 270.000 Euro. Eine Woche zuvor gewann die Tirolerin Christine Wolf in Indien ihr erstes Ladies-Tour-Turnier und lukrierte 62.000 Euro.

Bernd Wiesberger sagt dem STANDARD: "Ich freue mich riesig, nicht nur für mich, sondern auch für Matthias und Sepp. Die spielen richtig gutes Golf. Ich bin sicher, wir werden in den nächsten Monaten und Jahren noch einiges schaffen."

Sehenswerte Liste

Was Wiesberger bis jetzt schon geschafft hat, ist allerhand. Der seit zwei Wochen 34-Jährige, der in Wien geboren ist und im Burgenland lebt, schraubte mit dem dritten Saisonsieg und dem siebenten insgesamt auf der European Tour sein Karriere-Preisgeld auf 13,676 Millionen Euro. In der Weltrangliste ist er als 22. so gut klassiert wie noch nie, im europäischen "Race to Dubai", also in der Jahresrangliste, liegt er sogar in Führung. Nach derzeitigem Stand wäre er für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio qualifiziert, außerdem hätte er ein Fixleiberl für den Ryder Cup, das Traditionsduell zwischen Europa und den USA, das wenige Wochen danach in Wisconsin steigt.

Die vielleicht größte Leistung Wiesbergers liegt darin, dass er zurückgekommen ist – nämlich aus einer langen Pause aufgrund einer Handgelenksverletzung. Nach einem Sehneneinriss musste er im Juli 2018 operiert werden, erst mit Jahresende konnte er wieder ins Geschehen eingreifen. "Vor allem die ersten Wochen war da der Blick ins Ungewisse" , sagt er heute. "Aber ich bin geduldig geblieben. Es ist zu keiner Zeit Panik aufgekommen."

Langsames Herantasten

Er betont, wie dankbar er "dem unmittelbaren Umfeld" sei, der Familie und seiner Freundin, aber auch den Ärzten, die ihm "perfekt geholfen haben". Ab Dezember tastete sich Wiesberger langsam wieder heran, er verpasste den einen oder anderen Cut, ehe er Ende Mai bei "Made in Denmark" in Farsö erstmals wieder zuschlagen konnte. Diesem Erfolg folgten weitere bei den Scottish Open in Aberdeen und eben am Sonntag in Italien.

Während Matthias Schwab bereits gestern wieder bei den Open de France in Paris eine gute Runde (68 Schläge) drehte, legt Wiesberger eine Pause ein. Längst steht fest, dass 2019 sein erfolgreichstes Jahr sein wird, schon jetzt hält er bei gut 3,5 Millionen Euro Saisonverdienst, dabei stehen vier hochdotierte Events noch aus. Ende Oktober schlägt er in Schanghai ab, dann steigt das dreiteilige Tourfinale (Türkei, Südafrika, Dubai). Er will "noch besseres Golf spielen", zuletzt habe er zwar beim Abschlag und beim Putten zugelegt, doch unterwegs, bei der Annäherung, sieht er noch Potenzial.

Für Wiesberger steht der finanzielle Aspekt nicht im Vordergrund. Muss er auch nicht. Ziel sei es, "jedem Schlag die volle Wertigkeit zu geben" . Doch natürlich gibt es Schläge und Turniere, die wichtiger sind als andere. Noch keinem Österreicher ist es gelungen, eines der vier Major-Turniere einstellig abzuschließen. Noch nie war ein Österreicher beim Ryder Cup dabei. Austria first? "Alles", sagt Bernd Wiesberger, "ist möglich." (Fritz Neumann, 18.10.2019)