Die für den Einzelhandel wichtigste Zeit naht, das Weihnachtsgeschäft und mit ihr die Lohnrunde der Handelsangestellten.

Foto: APA / Robert Jäger

Wien – Die Handelsangestellten nehmen Anleihe bei den Metallern und verlangen hundert Euro mehr Gehalt. Das entspricht einer Gehaltserhöhung um im Schnitt 4,4 Prozent und liegt damit knapp unter der Forderung der Metallgewerkschaft. Die von der Privatangestelltengewerkschaft GPA für rund 413.000 Angestellte (gut zwei Drittel davon weiblich) und 15.000 Lehrlinge in Handelsbetrieben geforderte Erhöhung würde für niedrige Einkommen ein Gehaltsplus von 6,1 Prozent bedeuten, und für die höheren Gehaltsstufen rund 2,1 Prozent. Darüber hinaus wünscht man sich drei extra Tage frei.

Höhere Lebenshaltungskosten

GPA-Verhandler Martin Müllauer hatte am Donnerstagabend auch Argumente parat, die nach seiner Ansicht für eine derartige Erhöhung sprechen: stark gestiegene Mieten und Lebenshaltungskosten. Am Ende würden von der gestiegenen Kaufkraft aber auch die Betriebe profitieren, so Müllauer, der Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA und Betriebsratsvorsitzender der Morawa Buch und Medien GmbH ist.

Die Arbeitgeber konterten prompt, sie appellieren für "mehr Augenmaß". Die Forderungen der Gewerkschaft seien "überzogen und realitätsfremd", so der Obmann der Bundessparte Handel, Peter Buchmüller. "Das ist kein Wunschkonzert". Mit einer für den Abschluss maßgeblichen Inflationsrate von 1,69 Prozent sei man von den Forderungen meilenweit entfernt. Die zusätzlichen drei Tag Freizeit würde mit 150 Millionen Euro zu Buche schlagen, rechnet Buchmüller im Gespräch mit dem STANDARD vor.

Und bei den Lehrlingen verweist der Spartenobmann auf die bereits paktierte Anhebung der Lehrlingsentschädigung von 650 auf 700 Euro im ersten Lehrjahr, von 820 auf 900 Euro im zweiten, von 1100 auf 1150 Euro im dritten Lehrjahr.

Buchmüller stößt sich auch an der Vorgangsweise der Gewerkschaft. Es sei unüblich, monetäre Forderungen vor Beginn der KV-Verhandlungen – am 22. Oktober – über die Medien auszurichten, kritisierte Buchmüller via Aussendung. Die Realität im Handel sehe anders aus, die Forderungen gingen "an der wirtschaftlichen Situation komplett vorbei".

Gewinnausschüttungen gestiegen

Die Gewerkschaft sieht das naturgemäß anders. Die Handelsbranche stehe gut da, sagt GPA-Wirtschaftsbereichssekretärin Anita Palkovich, die Chefverhandlerin auf Arbeitnehmerseite. Der nominelle Umsatz sei 2018 im Handel um 3,7 Prozent gestiegen, ebenso die Gewinnausschüttungen der Handelskonzerne – und die Firmen verfügten über eine solide Eigenkapitalausstattung, argumentiert Palkovich. Umsatz und Produktivität pro Beschäftigten seien gestiegen, verweist sie auf den Branchenreport der Arbeiterkammer, für die 210 Handelsunternehmen mit knapp 125.00 Arbeitnehmern untersucht wurden. Arbeitgeber-Chefverhandler Buchmüller hält dagegen, dass das nominelle Plus in den ersten neun Monaten wohl ein Prozent betrage, real bleibe davon allerdings ein Minus.

Palkovich rüstete sich im Vorfeld der Verhandlungen auch mit einer Umfrage unter den Handelsangestellten. Die ergab nach ihrer Einschätzung Besorgniserregendes: Gut die Hälfte der Befragten fühlt sich im Dauerstress, über ein Fünftel sorgt sich über die Zukunft. Ihr Schluss: Ein saftiges Plus sei mehr als verdient und eben auch leistbar.

Im Dezember 2018 hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach fünf Verhandlungsrunden für 2019 auf ein Gehaltsplus zwischen 2,5 und 3,2 Prozent geeinigt. (rebu, ung, 18.10.2019)