So wenig wie im dritten Quartal ist Chinas Wirtschaft noch nie gewachsen. Selbst der private Konsum schwächelt. Den Rest erledigt der Handelsstreit mit den USA. Das spüren auch Getränkehersteller wie hier in Hangzhou in der östlichen Provinz Zhejiang.

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Peking – Die chinesische Wirtschaft hat sich von Juli bis September unerwartet stark eingebremst. Das Wachstum rangiert auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahrzehnten. Im dritten Quartal legte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nur noch um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, teilte das Statistikamt in Peking am Freitag mit. .

Als Ursachen nannten Experten den Handelskrieg zwischen China und den USA, die Verunsicherung von Investoren und die chinesischen Bemühungen, gegen die wachsende Verschuldung anzugehen. Das Wachstum für die drei Quartale zusammen liegt mit 6,2 Prozent im unteren Bereich der Zielvorgabe der Regierung für das Gesamtjahr von "6,0 bis 6,5 Prozent". Im ersten Quartal hatte es noch 6,4 und im zweiten 6,2 Prozent betragen. Experten rechneten für das dritte Quartal eigentlich mit 6,1 Prozent. Allerdings ist nicht nur in den USA und weltweit die Nachfrage nach chinesischen Waren stärker als erwartet zurückgegangen – auch die Binnennachfrage beginnt zu schwächeln. 2018 hatte Chinas Wirtschaft noch um 6,6 Prozent zugelegt.

Weltwirtschaft gebremst

Das langsamere Wachstum in den USA und China durch den Handelskrieg der beiden größten Volkswirtschaften bremst auch die Weltwirtschaft. Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte diese Woche seine globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr zum vierten Mal in Folge auf nunmehr drei Prozent – nach 3,2 Prozent im Juli.

"Stark fallende Exporte in die USA haben im dritten Quartal dazu beigetragen, dass Chinas Exporte insgesamt schrumpften", sagte Max Zenglein vom Berliner China-Institut Merics. Der Handelskonflikt und die damit verbundene Entkopplung mit den USA werde sich zunehmend auf die chinesische Wirtschaft auswirken.

Gefahr nicht gebannt

Beim Asien-Pazifik-Gipfel Mitte November wollen US-Präsident Donald Trump und Chinas Nummer Eins, Xi Jinping den Haussegen wieder gerade hängen.
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Trotz des "Waffenstillstandes" und der vagen Einigung auf eine "Phase eins" in den Handelsgesprächen ist die Gefahr nicht gebannt. Beide Seiten wollen bis zu dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping auf dem Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) Mitte November in Santiago de Chile eine Übereinkunft zu Papier bringen. Es gibt aber noch viele Unklarheiten – das betrifft insbesondere die Höhe der landwirtschaftlichen Importe Chinas aus den USA. Auch fordert China nicht nur eine Aussetzung angekündigter neuer US-Strafzölle, sondern die Aufhebung der bestehenden Sonderabgaben.

Neben dem Handelskonflikt sieht Merics-Experte Zenglein gleichwohl "überwiegend innerchinesische Gründe" für die Verlangsamung des Wachstums in China. Er verwies vor allem auf die seit 2017 anhaltenden Bestrebungen Pekings, das Kreditwachstum und die Überschuldung einzudämmen. "Der Handelskonflikt mit den USA zeichnet sich erst allmählich in den Zahlen ab, wie etwa in den Exporten oder den Investitionen im produzierenden Gewerbe."

Wachstumtreiber ziehen nach unten

"Fast alle Wachstumstreiber zeigen nach unten", sagte Liu Shengjun, Vizepräsident der China Europe International Business School (Ceibs) in Peking. "Zusätzlich zu den Investitionen und Exporten verlangsamt sich auch der Konsum." Die Regierung greife nicht zu großen Konjunkturmaßnahmen, weil sie neue Probleme wie Überschuldung und Blasen schafften. Auch verpuffe die Wirkung immer schneller, sagte Liu Shengjun. "Der wirtschaftliche Aufschwung wird mit jedem Stimuluspaket schwächer, die Wirkung nimmt mit jedem Jahr ab."

"Made in China" ist weltweit weniger gefragt. Das bleibt nicht ohne Spuren in der chinesischen Wirtschaft.
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Die chinesische Wirtschaft sei stark abhängig von Krediten. Doch eine Ausweitung der Kredite erhöhe das Risiko durch die Verschuldung, das bei den Unternehmen bereits als "sehr hoch" eingestuft wird. Chinas gesamte Schuldenlast habe 305 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht. "Wie die Schulden in der Zukunft zurückgezahlt werden, ist weiter eine Riesenfrage", sagte Liu Shengjun. "Deswegen denke ich, dass das Schuldenproblem wahrlich eine Hürde ist." (APA, dpa, 18.10.2019)