Mediziner machen nicht nur Menschen gesund, sondern auch das Klima krank. Was man dagegen tun kann und was der Kampf gegen den Klimawandel mit einer Krebsbehandlung gemeinsam hat, erklärt Stefie Barna vom Center for Sustainable Healthcare.

STANDARD: Wie trägt der Gesundheitssektor zum Klimawandel bei?

Barna: Menschen im Gesundheitssektor haben einen Eid abgelegt, keinen Schaden anzurichten. Sie sind aber auch Teil des Problems. Menschen werden krank und müssen selbstverständlich behandelt werden. Aber es fallen dabei auch gewaltige Mengen an Müll an.

STANDARD: Was unternimmt Ihre Initiative dagegen?

Barna: Wir arbeiten mit einzelnen medizinischen Disziplinen und überlegen, was sie verbessern können. Das fängt beim Energieanbieter an. Das meiste sind aber Gewohnheiten im Klinikalltag sowie Pharmazeutika, die einen riesigen ökologischen Fußabdruck in der Herstellung haben. Viele Verschreibungen sind nicht notwendig: Medikamentenpackungen liegen jahrelang im Badezimmerschrank. Dann gibt es die Menschen, die gar nicht erst hätten krank werden sollen. Wenn man davor etwas tut, spart man Geld, Emissionen und hilft Menschen.

STANDARD: Wie kann das konkret aussehen?

Barna: Wir haben einen Wettbewerb gestartet, um Stationen in Krankenhäusern grüner zu machen. Ein Team überlegte sich, dass viele Patienten länger als notwendig im Krankenhaus bleiben, weil sie nur von gewissen Personen entlassen werden können. Sie haben also Kriterien ausgearbeitet, nach denen auch Krankenpfleger diese Aufgabe übernehmen können.

STANDARD: Die Klimakrise löst Emotionen wie Angst und Wut aus. Sehen Sie die Gefahr, das noch zu verstärken, indem man ihre Folgen für die Gesundheit zeigt?

Barna: Absolut, aber wer ist besser darin ausgebildet, schlechte Nachrichten zu überbringen, als Ärzte? Sie kennen sich mit Trauerprozessen aus, und dazu gehört auch eine erste Ablehnung der Diagnose. Bei einer Krebsbehandlung will jeder, dass alles wieder wird wie zuvor. Aber diese Option gibt es nicht – ähnlich wie beim Klimawandel. Wir müssen Fakten, Emotionen und Anteilnahme zusammenbringen, denn wir sitzen alle im selben Boot – auch wenn manche mehr leiden müssen als andere. (Katharina Kropshofer, 21.10.2019)