Nicht nur in Italien sind gefüllte Teigtaschen die schmackhaften Spiegel lokaler Esstraditionen. Die Culurgiones aus dem Bergland Sardiniens sind da keine Ausnahme. Und  mancher Sarde traut ihnen zudem noch spirituelle Kräfte zu.

Glauben und Aberglauben

Hülsenfrüchte, Gemüse und Kartoffeln bestimmten lange den Speisezettel der Bewohner der sardischen Hochebene. Die Culurgiones mit teurem Weizen waren ein Festmahl. Noch heute werden sie besonders gern in der Herbst- und Winterzeit gegessen. Wer seine Teigtaschen nach uraltem Volksbrauch am Allerheiligenabend vorbereitet und formt, tut dies auch für die Toten: Denn am nächsten Tag, Allerseelen, werden sie als kostbare Gabe für die Seelen der Verstorbenen und ihren ewigen Frieden aufgetischt.

Foto: Alessandra Dorigato

Was die Berge hergeben

Einige Freunde wiesen mich schon auf die Ähnlichkeit von Culurgiones und Kärntner Kasnudeln hin. Das liegt an den Zutaten für die Fülle, die hier wie dort aus dem besteht, was in der rauen Landschaft verfügbar war: Grundzutaten sind Kartoffeln, Topfen oder Käse und Kräuter wie Minze. Auf Sardinien kommen nur Schafmilchprodukte in die Teigtaschen. Viele würzen heute mit Knoblauch, Chili, Orange oder Zitrone. Auch Pecorino und Mangold findet man in der Fülle. Und das "Gold" der sardischen Berge: den Safran. 

Die Fülle-Saucen-Balance

Culurgiones werden mal gekocht und mal frittiert. Aber der wesentliche Unterschied zu anderen Teigtaschen: Sie sind aus Hartweizengrieß, nicht aus Weichweizen. Bei Pasta aus dezentem Hartweizen dürfen Fülle und Saucen umso kräftiger sein. Eines der bekanntesten Culurgiones-Rezepte stammt aus der Provinz Ogliastra und vereint Minze, Safran und Pecorino. Angerichtet wird in einer fruchtig-milden Tomatensauce. Culurgiones ohne so prägnante Fülle schmecken auch prima mit aglio, olio e peperoncino. Die Sarden verfeinern diese Sauce gern mit Petersilie und geriebenem Bottarga (getrocknetem Fischrogen).

Safran-Krokus
Foto: Alessandra Dorigato

Culargiones all’Ogliastra – Teigtaschen nach sardischer Art

 Zutaten für 4 Personen

Teig

  • 200 g Hartweizengrieß
  • 100 ml warmes Wasser
  • Sauce
  • 500 g reife Tomaten
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 Knoblauchzehe

Füllung

  • 300 g Kartoffeln, mehlig kochend
  • 50 g sardischer Pecorino
  • 5-10 Blätter Minze
  • 1 Messerspitze Safranpulver
  • Salz (falls erforderlich)
Foto: Alessandra Dorigato

Zubereitung

Für den Teig den Hartweizengrieß mit Wasser mischen und 15 Minuten kneten, bis eine glatte und homogene Masse entsteht. Gern können Sie diese Arbeit Ihrer Küchenmaschine überlassen.

Für die Sauce Tomaten kurz in kochendes Wasser tauchen. Anschließend schälen, Samen entfernen und das Fruchtfleisch klein schneiden. Knoblauch fein hacken und das Öl erhitzen. Kippen Sie die Pfanne etwas zur Seite, während der Knoblauch röstet, sodass er gut im Öl schwimmen kann. Tomaten hinzufügen und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verkocht ist. Mit einem Esslöffel Olivenöl abschmecken und zur Seite stellen.

Für die Füllung Kartoffeln waschen und in der Schale weichkochen. Leicht auskühlen lassen, schälen und durch eine Kartoffelpresse drücken. Mit Pecorino, fein geschnittener Minze sowie Safran vermischen. Wenn nötig etwas salzen. Wer es gern herzhaft mag, ersetzt den Safran durch fein geschnittenen Knoblauch.

Den Teig dünn ausrollen – wenn vorhanden mit einer Nudelmaschine – und Kreise ausstechen. In die Mitte etwas Fülle geben. Dann den Teig so zu einer Tasche verschließen, dass dabei eine Kornähren-ähnliche Form entsteht. Blick nach Kärnten: Dort werden die Kasnudeln, ganz ähnlich, "gekrendelt". Culargiones schmecken aber genauso gut, wenn Sie den Teig an den Rändern einfach glatt zusammendrücken. 

Reichlich Wasser zum Kochen bringen, salzen. Eine Teigtasche nach der anderen ins Wasser geben. Wenn sie zur Oberfläche schwimmen, sofort abseihen und in die angewärmte Sauce geben. Culargiones noch zwei Minuten in der Tomatensauce schwenken.

Buon appetito!

Foto: Alessandra Dorigato

Glutenfrei, laktosefrei und sogar ohne Zucker, der Castagnaccio ist einer der ältesten Kuchen Italiens und die perfekte Süßspeise für bewußte Nachkatzen. (Alessandra Dorigato, 22.10.2019)

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