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Jakob Pöltls Gegner darf man sich auf der Zunge zergehen lassen: Hier leistet er Widerstand gegen Ur-Viech Zion Williamson.

Foto: AP Photo/Darren Abate

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"Ein sehr gutes oder ein sehr schlechtes Jahr – und es kann steil nach oben oder auch nach unten gehen."

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Es ist nicht weniger als der Beginn einer neuen Zeitrechnung in der National Basketball Association (NBA). Nachdem die Ära der Dominanz der Golden State Warriors nach fünf Jahren mit drei gewonnen Titeln und zwei knapp verlorenen Final-Serien zu Ende gegangen ist, scharren neue Jäger in den Startlöchern. Nach der Verpflichtung von Kawhi Leonard und Paul George gelten die Los Angeles Clippers als erster Anwärter auf die Larry O'Brien Championship Trophy, knapp gefolgt von den Los Angeles Lakers.

Eine unschlagbare Mannschaft sieht Jakob Pöltl nicht, "auf dem Papier sind die Clippers Favorit". Die "zweite" Mannschaft aus L. A. verlässt sich auf zwei Superstars, die verletzungsanfällig sind. Leonard hat einen malträtierten Oberschenkel, George zwei operierte Schultern und eine Metallplatte in einem Schienbein. Die Lakers setzen dagegen auf LeBron James, der im Dezember 35 wird und sein Alter bei jedem Schritt zunehmend zu spüren bekommt. Assistiert wird James vom besten Center der Liga, Anthony Davis.

Weniger nachdenken

Für Jakob Pöltl (24) ist es ein Schlüsseljahr. Der Wiener in Diensten der San Antonio Spurs spielt in seiner vierten Saison um einen neuen, höher dotierten Vertrag. Mit den Spurs konnte sich Pöltl nicht auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung einigen, das heißt er wird im Sommer 2020 Restricted Free Agent. Die Spurs können dann aber jedes Angebot anderer Klubs für Pöltl matchen. Ein langfristiger Verbleib in der NBA winkt auf jeden Fall, der Spielertyp Pöltl ist ein Arbeiter, setzt Screens, macht die Drecksarbeit am Rebound und in der Defense und stellt keine Ansprüche auf Würfe in der Offense. Eigentlich der perfekte Mitspieler. "Ich liebe es, mit Jakob zu spielen", sagt Spurs-Star LaMarcus Aldridge. Verständlich, der siebenfache All-Star kann sich damit weiter auf seine smoothen Würfe aus der Mitteldistanz konzentrieren.

"Wenn wir uns einig geworden wären, hätte ich schon gerne vorzeitig verlängert, aber es gab verschiedene Vorstellungen und ich habe mir persönlich keinen Druck gemacht, schon jetzt den Vertrag in der Tasche haben zu müssen. Im Endeffekt war es eine Business-Entscheidung von beiden Seiten, es ändert sich für mich nicht viel für nächsten Sommer: Ich würde prinzipiell gerne bleiben, aber wenn es woanders eine bessere Situation geben sollte, ist es einfach so", sagt Pöltl, der diese Saison 3,40 Millionen Euro kassiert.

Oh my goodness!

Wie man sich diesen Entscheidungsprozess vorstellen kann? "Ich habe mich im Sommer mit meiner Agentur zusammengesetzt und mir ihre Empfehlungen angehört. Im Endeffekt lag die Entscheidung aber bei mir, ob ich pokern oder mich früh absichern will. Ich denke, das Risiko ist nicht so groß, ich befinde mich grundsätzlich weiter in einer guten Position. Es ist okay, wenn ich auf mich selbst setze."

Pöltl weiß um die Ups and Downs in der besten, aber auch rauesten Liga der Welt. Ein sehr gutes oder ein sehr schlechtes Jahr – und es kann steil nach oben oder auch nach unten gehen. Als Basketballer ist man in der NBA ein Spielball mächtiger Interessen, das akzeptiere ich. Wenn man anfängt, darüber zu viel nachzudenken, hat man schon verloren", sagt Pöltl.

Erreichen die San Antonio Spurs die Playoffs, wäre das ein historischer Erfolg: Das Team von Gregg Popovich hätte dann mit 23 Postseason-Teilnahmen en suite den Rekord von Philadelphia übertroffen. Die 76ers standen von 1950 bis 1971 22-mal in Serie im Playoff. Kritiker räumen den Spurs allerdings kaum Chancen auf eine erfolgreiche Saison ein, zu stark ist in der Western Conference die Konkurrenz um die acht Playoff-Plätze. Utah, Denver, Houston, Portland, die Liste der Kandidaten lässt sich auf ein Dutzend Teams erweitern.

Dazu zählen auch die dezimierten Warriors. Und das, obwohl sich Kevin Durant zu den Brooklyn Nets verabschiedete und Klay Thompson nach seinem im sechsten Finalspiel gegen Toronto erlittenen Kreuzbandriss möglicherweise die ganze Saison ausfällt. Die ganze Last liegt auf den Schultern von Wurfmaschine Stephen Curry. Auch die Houston Rockets spielen um den Titel, wobei Topscorer James Harden nun mit seinem ehemaligen Oklahoma-City-Thunder-Kollegen Russell Westbrook ins Rennen geht. Wie diese zwei Spieler, die offensiv dauernd den Ball in der Hand brauchen, voneinander profitieren wollen, bleibt abzuwarten.

Pilates für Pöltl

Im Gegensatz zu den Lakers und den Clippers setzen die Milwaukee Bucks im Osten auf Kontinuität und darauf, dass sich ihr Star Giannis Antetokounmpo noch einen Schritt weiterentwickelt. Schafft es der 24-jährige "greek freak", seinen Wurf aus der Bewegung zu optimieren und schneller reagieren zu können, wenn ihn zwei oder drei Gegenspieler gleichzeitig versuchen umzuhacken, können die Bucks den entscheidenden Schritt Richtung Titel gehen. Ein Finale zwischen den Lakers und den Bucks wäre ein sehr realistisches Szenario.

Jakob Pöltl ist ob des Saisonstarts nicht nervös. "Ich trainiere ja schon seit dem Sommer, fühl mich sehr fit." Der Urlaub war kurz, der Alltag ist eintönig. Sechs Tage die Woche wird trainiert, jeden Tag mit einem anderen Schwerpunkt. Neben Wurf- und Krafttraining wurde auch Neues ausprobiert, etwa Pilates. "Ich bin offen für alles." Tipps holt sich Pöltl von NBA-Legende Tim Duncan, der bei den Spurs nun als Assistant-Coach tätig ist. In den Vorbereitungsspielen auf die neue Saison stand Pöltl mehrmals in der Startaufstellung, lieferte auch den einen oder anderen spektakulären Dunk. Auf dem Parkett will Pöltl aggressiver werden. "Da bin ich mir selbst noch ein bisschen zu passiv." (Florian Vetter, 21.10.2019)

Die NBA-Champions seit 2010:

2010 Los Angeles Lakers
2011 Dallas Mavericks
2012 Miami Heat
2013 Miami Heat
2014 San Antonio Spurs
2015 Golden State Warriors
2016 Cleveland Cavaliers
2017 Golden State Warriors
2018 Golden State Warriors
2019 Toronto Raptors

Erfolgreichste Teams der NBA-Geschichte:

Titel (zuletzt):

Boston Celtics 17 (2008)
Los Angeles Lakers 16 (2010)
Chicago Bulls 6 (1998)
Golden State Warriors 6 (2018)
San Antonio Spurs 5 (2014)