Sie kennen dieses Organisationsprinzip vielleicht: Es gibt Dinge, die sind wichtig und dringend, die sollte man gleich erledigen. Es gibt Dinge, die sind dringend, aber nicht wichtig, die folgen danach. Es gibt Dinge, die sind weder dringend noch wichtig, die kann man gleich sein lassen. Und dann gibt es solche, die sind zwar nicht dringend, aber wichtig. Sie bleiben meist unerledigt liegen.

Transparenz ist wichtig. Das wird keine Politikerin und kein Politiker jemals in Abrede stellen. Aber hätten die Verantwortlichen das Thema auch als dringend erachtet, wäre es wohl in den vergangenen Jahren angegangen worden.

Am Mittwoch tritt ein neu gewählter Nationalrat zusammen.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Dann müssten jene zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht ständig all das, was sie seit Jahren fordern, immer wieder fordern: die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, mehr Kontrolle bei den Parteifinanzen, Klarheit bei Inseraten der öffentlichen Hand oder Einblick in die Zuverdienste von Abgeordneten.

Bricht die Republik zusammen, wenn all das nicht bis Ende der Woche umgesetzt ist? Eher nicht.

Verschleppte Reformen

Aber auf Dauer beschädigt sich diese Republik, wenn sie sich der eigenen Bevölkerung verschließt. Wenn Bürger nicht wissen dürfen, woher Parteien ihr Geld bekommen – und was sie damit machen. Wenn sogar bestimmte Wahlergebnisse geheim bleiben. Wenn nicht bekannt ist, an welchen Unternehmen Abgeordnete beteiligt sind. Wenn Politiker viel Steuergeld in Inserate oder Sponsoring stecken dürfen, aber nicht klar ist, wie die Gegenleistung genau ausschaut.

Wichtige Reformen werden seit Jahren verschleppt. Die Ausreden klingen immer gleich: Die Themen seien hochsensibel, man wolle keine Hauruckaktionen. Ein breit aufgestellter Prozess soll Ergebnisse bringen. Man wolle das – in aller Ruhe – im Parlament verhandeln. Und dann wird man sich, wie im Fall des Amtsgeheimnisses, in letzter Minute leider doch nicht einig.

Doch langsam wird es dringend. Eine Demokratie ohne Transparenz macht sich anfällig für Korruption. Und: Es fällt ihr schwer, sich vor der Bevölkerung zu rechtfertigen. Wird hier noch länger ergebnislos weitergewurstelt, verliert der Staat an Legitimation.

Am Mittwoch tritt ein neu gewählter Nationalrat zusammen. Ein Koalitionsabkommen ist noch nicht in Sicht, die Fraktionen sind in ihrem Stimmverhalten frei. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für Wichtiges. (Sebastian Fellner, 21.10.2019)