Screenshot eines solchen rechten Angebots: "Kla TV".

Foto: screenshot/klatv

Homöopathie, "Impfkritik", "Warten auf den "Tag X" und Hass auf Juden haben mehr miteinander zu tun, als man zunächst annehmen würde: So mischen zahlreiche Esoteriker, die vor allem im Netz große Popularität erlangen konnten, ihre Inhalte mit Verschwörungstheorien und rechten bis rechtsextremen Themen, berichtet Deutschlandfunk in einer ausführlichen Recherche.

Ein Beispiel dafür ist etwa der Youtuber Jo Conrad, der einerseits Schamanenrituale und Heilkräuter vorschlägt, andererseits auf seinem Kanal aber auch infrage stellt, ob das Attentat in Halle, bei dem ein Rechtsextremer eine Synagoge attackiert und zwei Menschen umgebracht hat, nicht vom Mossad durchgeführt wurde. "Jetzt sind natürlich alle in Sorge um die Juden, obwohl überhaupt gar kein Jude getötet wurde", ärgert sich der Verschwörungstheoretiker.

Zunehmende Radikalisierung

Conrad ist bei weitem nicht der Einzige – es existieren zahlreiche solche Kanäle in sozialen Medien. Sie zählen hunderttausende Aufrufe, in den Kommentaren sammeln sich begeisterte – oder aufgrund der angesprochenen verschwörungstheoretischen Inhalte oft auch verärgerte – Nutzer, die sich Schritt für Schritt radikalisieren. Oft glaubt man an den "Tag X", sehnt eine Apokalypse herbei, bei der die staatliche Ordnung zusammenbricht. Eines der Instrumente der rechten Esoteriker, um eine besonders hohe Reichweite zu generieren, ist, mit der Angst der Zuschauer zu spielen und so viel Wut wie möglich zu kanalisieren.

Angst vor 5G und Judenhass

Das beginnt schon bei Themen wie Impfungen, die als massive Gefahr stilisiert werden, bis hin zu klassischen rechten Themen wie Migration. Aber auch Antisemitismus und der Glaube an eine angebliche jüdische Weltverschwörung werden verbreitet – manchmal mehr, manchmal weniger offensichtlich.

Etwa Ivo Sasek, der eine christliche, rechte Sekte führt und mit klassischen Ängsten innerhalb der Esoterikszene arbeitet – also neben dem Impfen auch mit einer massiven Angst vor einer angeblich tödlichen Bestrahlung durch den neuen Mobilfunkstandard 5G. Sasek lud die antisemitische Juristin Sylvia Stolz zu einer Gala, die von ihm als "Anti-Zensur-Koalition" bezeichnet wird – sie hielt dort eine Rede, wo sie auf offener Bühne den Holocaust leugnete. Später wurde sie dafür zu einer Haftstrafe verurteilt.

Neonazistische Inhalte werden von vielen der Youtuber mit esoterischen Themen vermischt, einerseits "warnt" man vor einer "heimlichen jüdischen Weltverschwörungen" und "migrantischen Invasoren", andererseits spricht man von Engeln.

Die "Strahlenangst" geht allgemein umher. In der Schweiz etwa protestierten tausende Personen im September in Bern gegen "Zwangsbestrahlung". Den Behörden und der Telekommunikationsbranche wurde vorgeworfen, wirtschaftliche Interessen über alles zu stellen und die Menschen dreist anzulügen. 5G sei "ein Verbrechen gegen Menschenrechte", stand auf einem der vielen handgeschriebenen Transparente zu lesen. Einen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass 5G gefährlich ist, gibt es hingegen bislang nicht. Ganz im Gegenteil betonen Wissenschafter und Konsumentenschützer, dass hier keine neuen Risiken für die Gesundheit zu erwarten sind.

Vernetzung

Die Gruppierungen sind vielfach miteinander vernetzt, verlinken aufeinander und nutzen sich gegenseitig als Quelle, um vermeintliche Informationen zu verbreiten. Auch gibt es innerhalb der Szene Verbindungen zu Vertretern der rechten Identitären. Ihr tatsächlicher Einfluss lässt sich schwer einordnen – trotz ihrer Vernetzung untereinander werden sie aber von Sicherheitsbehörden wenn, dann als Einzelpersonen überwacht, da sie zu schwer definierbar seien und sich in ihrer Radikalität unterscheiden würden. (red, 22.10.2019)