In einem südsteirischen Schlachtbetrieb soll genussuntaugliches Fleisch verarbeitet worden sein. (Symbolfoto)

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Graz – Bei einer Razzia in einem steirischen Schlachtbetrieb im Bezirk Leibnitz sind am Dienstag der 55-jährige Betriebsleiter wegen Verdunkelungsgefahr festgenommen und Fleischproben entnommen worden. Es liegt Betrugsverdacht vor: In dem Betrieb soll genussuntaugliches Fleisch, das eigentlich zur Tierkörperverwertung gehört hätte, verarbeitet worden sein.

Die Staatsanwaltschaft Graz bestätigte am Mittwoch einen Bericht der "Kronen Zeitung": Demnach wurde die Hausdurchsuchung am Dienstag vollzogen und der Verdächtige festgenommen. Er soll nicht geständig gewesen sein. Unklar ist noch, ob das verarbeitete Fleisch gesundheitsschädlich war. Untersuchungen wurden eingeleitet. Entgegen ersten Angaben wurden nicht größere Mengen Fleisch beschlagnahmt, sondern von unterschiedlichen Stücken Proben gezogen sowie alles mit Fotos dokumentiert. Ein Mitnehmen sei nicht möglich gewesen, da man die Tonnen an Fleisch nicht hätte lagern können.

Verwaltungsstrafen

Laut Veterinärlandesrat Christopher Drexler (ÖVP) waren in dem Betrieb bereits 2015 Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt worden, auf deren Basis Nachschulungen und Verwaltungsstrafen verhängt und strengere Kontrollen durchgeführt wurden. Im Gegensatz zu den damaligen Vorkommnissen gehe es nun aber um den Verdacht von Verstößen gegen das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz.

"Die Veterinärbehörden kontrollieren jeden Schlachtvorgang. Dabei werden einerseits die lebenden Tiere vor der Schlachtung untersucht, als auch das Fleisch nach der Schlachtung begutachtet", hieß es in der Aussendung. Das soll auch beim konkreten Schlachtvorgang der Fall gewesen sein. "Einige Schlachtkörper wurden, wie im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz normiert, auf Anordnung der Veterinärbehörde ausgesondert und separat gelagert, um sie der Tierkörperverwertung zuzuführen", so der Veterinärlandesrat Drexler. Allerdings sollen auch solche ausgesonderten Fleischteile vom Schlachtbetrieb verarbeitet worden sein. "Damit hätte sich der Schlachthofbetreiber über die Anordnungen auf Basis der Kontrolltätigkeit der Veterinärbehörde hinweggesetzt und strafrechtlich relevante Handlungen gesetzt", wurde in der Aussendung konkretisiert.

Rind- und Schweinefleisch

Das Schlachtgut vom Tag der Razzia – es handelt sich offenbar sowohl um Rind- als auch um Schweinefleisch – sei nach der Probenentnahme vernichtet worden. Über gelagerte Warenbestände sei eine Sperre verhängt worden – sie dürfen nicht mehr in Umlauf gebracht werden, so das Land Steiermark.

Die Staatsanwaltschaft Graz und die Landespolizeidirektion Steiermark arbeiten zusammen mit der Veterinärdirektion und der Lebensmittelbehörde des Landes Steiermark. Sie versuchen zu klären, ob genussuntaugliches Fleisch bereits in Verkehr gebracht worden ist bzw. welche Abnehmer es in diesem Fall betreffen würde.

"Aufgrund der aktuellen Faktenlage gehen die Behörden davon aus, dass wegen der relativ geringen Menge der allenfalls in Verkehr gebrachten genussuntauglichen Ware eine akute Gefährdung der Verbraucher äußerst unwahrscheinlich ist. Genussuntauglich heißt, dass bestimmte gesetzliche Vorgaben nicht erfüllt werden, aber nicht zwangsläufig eine Gesundheitsgefährdung vorliegt – etwa, wenn ein Schwein zu abgemagert wäre. Um dennoch alle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, wird in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit an einem Rückrufbescheid für die in Verdacht stehenden Waren des betreffenden Schlachtbetriebes gearbeitet, der ehestmöglich veröffentlicht werden soll", so die Ankündigung des Landes.

Politik und Landwirtschaftskammer fordern Aufklärung

Die FPÖ forderte eine "vollständige politische Aufklärung des Fleischskandals". Die steirischen Grünen erneuerten ihre Forderung nach mehr und besseren Veterinärkontrollen: "Die leider regelmäßig bekannt werdenden Missstände schaden auch den vielen Landwirtinnen und Landwirten, die artgerecht und ökologisch produzieren, denn es gibt in der Steiermark auch gute Beispiele dafür, dass es anders geht", so Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl. Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher forderte ebenfalls restlose Aufklärung. (APA, 23.10.2019)