Es muss nicht immer seriös sein: Die Japaner zeigen auf der Motor Show erneut ihr spielerisches Talent – gepaart mit höchster technischer Kompetenz
Ansichtssache
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Andreas Stockinger
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Mit der Tokyo Motor Show (TMS) ist der diesjährige Messereigen der Branche im Wesentlichen gelaufen. Ende November folgt noch Los Angeles Auto Show, das war’s dann aber auch. Zeit für eine kurze Bilanz, und dann gleich zur Messe, zur derzeitigen Performance der Autobranche und natürlich den wichtigsten Salonneuheiten – auf den Stand der Dinge sozusagen.
Wie Frankfurt (IAA) und Paris wird die Messe in Tokio biennal veranstaltet. Die Erfahrung, dass große internationale Hersteller ausbleiben, hat im September sogar die weltweit wichtigste Veranstaltung dieser Art, die IAA, massiv betroffen.
Konzepte
Offensichtlich läuft sich das Konzept Automobil-Salon angesichts der elektronischen Revolution tot (die Ausnahme bildet das autonarrische China mit den Messen in Schanghai und Peking) – was für das Automobil als solches, allen realen Schwierigkeiten (Mobilitätswende, Dieseldebatte etc.) und Krisengerede zum Trotz, nun überhaupt nicht zutrifft: Mit den Megatrends Vernetzung, autonomes Fahren und alternative Antriebe steht es im Fokus der gesamten Hochtechnologie, und aufgrund der immer kaufkräftigeren Kundschaft in China, Indien und anderswo, fernab der gesättigten Märkte Nordamerika, Europa und Japan, ist auf lange Zeit permanentes Absatzwachstum garantiert.
Studien rechnen in dem Zusammenhang damit, dass der weltweite Pkw-Absatz im kommenden Jahr erstmals die 100-Millionen-Marke überschreitet. Vorausgesetzt, Brexit und Trumponomics machen die Prognose nicht (vorläufig) zunichte.
Viele Studien
Die Tokyo Motor Show, die heuer unter dem weisen Motto "Open Future" steht, findet mittlerweile zum fünften Mal im Messegelände Big Sight auf der künstlichen Insel Odaiba in der Tokioter Bucht statt, nur Toyota hat sich im Aomi-Austellungsgelände ein Stück weiter weg eingeparkt. Bis 4. November demonstrieren dort die japanischen Hersteller ihre Potenz, Innovationskraft und, sehr sympathisch, ungebrochene Lust an Spiel und Spaß. Wie üblich, werden nur wenige auch für Europa relevante neue Serienmodelle präsentiert, dafür aber reichlich Studien und Konzepte zu den aktuellen Technologie- und Designtrends. Das Spektrum reicht wie gewohnt von seriös bis schrill, Mainstream bis Manga – auffällig ist allerdings, dass anders als bisher kaum neue (Super-)Sportwagen zu sehen sind.
Und wenn 2017, zur letzten Tokyo Motor Show, 771.200 Besucher zu vermelden waren, so zeigt dieser Kennwert zwar eine rückläufige Tendenz – 2013 strömten 902.800 Menschen zur Show, 2015 waren es 821.500 –, die Veranstalter rechnen aber dennoch mit weiterhin großem Publikumsinteresse und -andrang.
Bevor wir uns den Aufmarsch der Messestars zugute führen, rasch ein Hinweis, wer von den Gaijins heuer den Weg ins Inselreich gefunden hat. Nämlich so gut wie keiner. Aus Deutschland zeigt einzig Daimler Flagge, aus Frankreich reist Renault mit Alpine an, fertig, aus. VW stellt derweil daheim in Wolfsburg den Golf 8 vor, der vielleicht doch eher nicht so relevant ist für die Japaner. Die hingegen sind vollzählig vertreten, mit Honda, Mazda, Mitsubishi, Nissan, Suzuki, Subaru, Toyota (inklusive Daihatsu und Lexus), und weil sie auch den Motorradmarkt weltweit dominieren, steht auch viel Einspuriges von Honda, Kawasaki, Suzuki und Yamaha auf den Ständen.
Der Markt
Stichwort Dominanz. Lange Jahre teilten sich Deutschland und Japan die Spitzenpositionen: Die fernöstlichen Automobilkonfektionäre waren weltweit beim Absatz führend, die deutschen beim Umsatz; kein Wunder, wenn man bedenkt, wie komfortabel die sich im Premium-Segment eingerichtet haben – rund 80 Prozent aller Automobile dieser Kategorie stammen aus den Schmieden von Mercedes, BMW, Audi und Porsche. Nun scheint Japan auch beim Umsatz mindestens gleichgezogen zu haben.
Beim Absatz kamen die Japaner 2018 auf insgesamt 28,67 Millionen Autos, die Deutschen auf knapp 16 Millionen. Dabei verkaufte Toyota, gleich hinter VW zweitgrößter Autokonzern der Welt, 10,59 Millionen Fahrzeuge, Nissan 5,65, Honda 5,20, Suzuki 3,39, Mazda 1,60, Mitsubishi 1,22, Subaru 1,02.
Die fernöstliche Autosupermacht ist nicht nur bei fast jedem Thema entweder vorne mit dabei oder gar führend. Speziell bei ökologisch korrekten Antrieben gehören sie auch seit Langem zu den Pionieren (Hybrid-Technologie), wenngleich sie die Schwerpunkte etwas anders setzen als momentan die Deutschen und Franzosen (batterieelektrische Mobilität), besonders Toyota und Honda sind da mit ihrem Fokus auf Wasserstoff-Brennstoffzelle auf einem Kurs, den sie zuletzt fast widerstrebend um die batterieelektrische Komponente erweitert haben, auch davon gibt es Zeugnisse auf der Tokyo Motor Show. Für Japans Autohersteller gilt halt: Erst gründlich nachdenken, dann sauber vorfahren.
Und man ist bestens darauf vorbereitet, der staunenden Welt zu den Olympischen Sommerspielen 2020 zu zeigen, wie bereit man für die Zukunft ist, inklusive autonomen Fahrens auf Level 4.
Erfolgreich sind des Tennos wackere Wagenbauer global in jeder Region, der (stagnierende) japanische Markt selbst ist mit zuletzt (2018) 4,39 Millionen Neuzulassungen nach China (23,26), USA_(17,22), EU (15,16), der viertgrößte der Welt. Nur sieben Prozent davon gehen auf das Konto ausländischer Hersteller, da wiederum sind vor allem die deutschen Nobelmarken gefragt.
In Österreich sind die japanischen Hersteller zwar weit weg von den goldenen 80ern, die Fahrzeuge sind aber nach wie vor sehr beliebt. In den ersten neun Monaten dieses Jahres liegt man bei 11,3 Prozent (2018 Volljahr: 12,1, 2017: 12,0) – bei einem rückläufigen Gesamtmarkt von 258.272 Neuzulassungen (-6,3 Prozent). Rangfolge: Mazda (2,9 Prozent), Suzuki (2,7), Toyota (2,0), Mitsubishi (1,5), Nissan (1,3), Honda (0,7), Subaru (0,1), Lexus (0,1).
Damit zu den wichtigsten und spannendsten Salonneuheiten, alphabetisch geordnet nach Konzernen.
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