Drei Versicherungen haben an dem Vergleich, den der VKI mit der Branche geschlossen hat, nicht teilgenommen. Gegen diese Häuser ziehen die Konsumentenschützer jetzt nochmals vor Gericht.

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Der Rücktritt bei Lebensversicherungen hat in den vergangenen Jahren für viel Wirbel gesorgt. Der Streit um ein unbefristetes Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen im Fall fehlender oder fehlerhafter Belehrung beschäftigt die Gerichte seit Jahren, DER STANDARD hat ausführlich berichtet.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat nun im Zusammenhang mit dem umstrittenen ewigen Rücktrittsrecht 16 Sammelklagen gegen drei Versicherungen eingebracht. Konkret geht es dabei um die FWU Life Insurance Austria (vormals Skandia Leben), die Nürnberger Versicherung Österreich AG sowie die Scottish Widows Limited (vormals Clerical Medical Investment Group Ltd). Diese seien dem im Herbst 2017 geschlossenen Vergleich zwischen VKI und der Branche nicht beigetreten, teilen die Konsumentenschützer mit. Bei den Klagen gehe es um 851 Betroffene, der Streitwert liegt bei 14 Millionen Euro.

Der VKI hatte nach einer Sammelaktion mit rund 7000 Teilnehmern im Herbst 2017 einen Rahmenvergleich vereinbart, dem fast alle Versicherer beigetreten waren. Der Großteil der Fälle sei damit verglichen worden.

Prozessfinanzierer gefunden

"Wir gehen mit diesen Sammelklagen gegen jene Versicherer vor, die sich geweigert haben, die sachgerechte Branchenlösung umzusetzen. Damit lassen wir die betroffenen Konsumenten nicht im Regen stehen", teilt Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI, in einer Pressemitteilung mit. Die Finanzierung und das Prozessrisiko hat der deutsche Prozessfinanzierer Roland übernommen. Die Verbraucher tragen hier keinerlei Prozessrisiko, betont der VKI.

Nach Ansicht von Konsumentenschützern und Anwälten stehe falsch oder gar nicht belehrten Verbrauchern bei einem Rücktritt das gesamte eingezahlte Kapital plus vier Prozent Zinsen zu. Den Verbrauchern stehe zudem nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Obersten Gerichtshofs (OGH) bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung durch den Versicherer ein unbefristetes Rücktrittsrecht zu, bekräftigte der VKI. Seiner Ansicht sind nach einem Rücktritt im Wesentlichen die Prämien samt Zinsen zurückzuzahlen, nur eine Risikoprämie wie etwa ein Ablebensschutz sei abzuziehen. Versicherer sahen die Rechtslage oft als nicht eindeutig. Der EuGH habe in seiner damaligen Entscheidung (im oft zitierten Urteil zum Fall Endress/Allianz) nichts zum ewigen Rücktrittsrecht gesagt, und der Oberste Gerichtshof in Österreich habe nicht von vier Prozent Zinsen gesprochen, hatte es Mitte des vergangenen Jahres geheißen.

Seit Anfang 2019 gibt es jedenfalls eine gesetzliche Neuregelung. Bei einem Rücktritt im ersten Jahr soll die gesamte Prämie einschließlich der Abschlusskosten rückerstattet werden, Zinserstattung ist nicht vorgesehen. Ab dem zweiten bis zum Ende des fünften Jahres wird der Rückkaufswert ohne Abschlusskosten und ohne Stornogebühren ausbezahlt. Ab dem sechsten Jahr soll nur noch der Rückkaufswert abzüglich Stornogebühren erstattet werden. (bpf, 25.10.2019)