Joshua Wong ist aufgebracht – und kurz angebunden. Während er die nächsten Kundgebungen in Hongkong organisiert, nimmt sich der Studentenführer dann aber doch ein paar Minuten Zeit für ein Interview mit dem STANDARD. Jede seiner Antworten gleicht einem Treffer auf die Hongkonger Stadtregierung. Die Zeit der Kompromisse, das macht der 23-Jährige unmissverständlich klar, sei vorbei. Dafür ist in den vergangenen Wochen zu viel Blut geflossen in dem sonderverwalteten südchinesischen Stadtstaat. Zuletzt wurden der Bürgerrechtler Jimmy Sham von Unbekannten mit Hammerschlägen schwer verletzt und ein 19-jähriger Demokratieaktivist von einem Mann niedergestochen, der Zeugen zufolge bei der Tat prochinesische Slogans schrie.

STANDARD: Herr Wong, die Proteste für mehr Bürgerrechte und Demokratie in Hongkong dauern nun schon seit mehreren Monaten an. Hat sich in dieser Zeit etwas verändert in Hongkong?

Wong: Unsere Entschlossenheit und Leidenschaft für Demokratie und freie Wahlen in Hongkong ist seither nur gewachsen. Die Hongkonger Stadtregierung soll frei gewählt und nicht von Peking bestimmt werden. Die Führung in Peking versucht, Hongkong in einen Polizeistaat zu verwandeln. Das werden wir verhindern.

STANDARD: Zuletzt war immer wieder von ausufernder Polizei gewalt gegen Aktivisten die Rede. Es gibt einiges Video- und Fotomaterial dazu...

Wong: Es ist glasklar, dass die Polizei die Menschen einzuschüchtern versucht. Einem Unbewaffneten wurde in die Brust geschossen, große Mengen Tränengas gegen Alte und Kinder eingesetzt. Die Polizei versucht, an der Legalität und am Stadtrat vorbei zu agieren. Dazu kommen die Triaden (chinesische Verbrechersyndikate, Anm.), die von Peking-nahen Akteuren Geld bekommen, um die Drecksarbeit zu erledigen.

STANDARD: Wer steckt hinter der beinahe tödlichen Hammerattacke gegen den Chef der Civil Human Rights Front, Jimmy Sham?

Wong: Das waren die Triaden.

STANDARD: Was erwarten Sie sich von der Stadtregierung?

Wong: Nichts. Sie dient nur Peking. Ihr Ziel ist es, die Proteste der Bürger für mehr Rechte und für freie Wahlen zu unterdrücken.

STANDARD: Was können Großbritannien, die Europäische Union und die USA tun?

Wong: Wann, wenn nicht jetzt, sollten die Briten, die Europäische Union und die Amerikaner aufstehen und protestieren? Bezieht Stellung, verurteilt das, was hier in Hongkong passiert. (Christoph Prantner, 24.10.2019)