Matt Gaetz profiliert sich als Trump-Loyalist.

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Es gab Zeiten, in denen sich Matt Gaetz durchaus um parteiübergreifende Gesten bemühte. Gemeinsam mit einem Demokraten aus Massachusetts brachte der Republikaner aus Florida einen Gesetzesentwurf ein, der es verwundeten Armeeveteranen ermöglichen sollte, zu Heilzwecken Marihuana zu konsumieren, ohne dafür bestraft zu werden. Das war schon deshalb bemerkenswert, weil Massachusetts das linksliberale Amerika symbolisiert, während der Wahlbezirk im Nordwesten des Sunshine State, den Gaetz im Kongress vertritt, für ein stramm konservatives Südstaatenmilieu steht. Die Initiative über Parteigrenzen hinweg, sie ist nur noch eine ferne Erinnerung. Heute profiliert sich Gaetz als Anführer jenes harten Kerns der Republikaner, die mit Donald Trump durch dick und dünn gehen, während sie dessen Gegnern vorwerfen, einen Impeachment-Putsch gegen einen Präsidenten anzuzetteln, den Hillary Clinton in demokratischer Wahl nicht besiegen konnte.

Bei Fox News, dem Haussender der Konservativen, ist der 37-Jährige aus Florida mit seinen Betrachtungen zum Zeitgeschehen zu einer festen Größe geworden. Trump, heißt es, rufe ihn regelmäßig an. Und als Gaetz von einem Reporter gefragt wurde, ob er nicht riskiere, statt eines hohen Bekanntheitsgrads eher traurige Berühmtheit zu erlangen, fragte er forsch zurück: "Was ist der Unterschied?"

Pizzabestellung aus dem Souterrain

Was Schlagzeilen produziert, ob positive oder negative, muss nützlich sein, dürfte sich der ehemalige Rechtsanwalt gedacht haben, als er am Mittwoch zur Revolte blies. Begleitet von etwa zwei Dutzend Parteifreunden, marschierte er in ein Kellergeschoß des Kongressgebäudes, um drei Etagen unter der Erde einen abhörsicheren Raum zu besetzen, in dem der Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses des Öfteren tagt. Verblüffte Wachen wurden ignoriert, Pizza wurde bestellt, man richtete sich ein. Fünf Stunden lang zwangen die Rebellen das Komitee, die Anhörung einer Zeugin zu unterbrechen, einer Ministerialbeamtin namens Laura Cooper, die im Pentagon für Osteuropa zuständig ist. Dabei stellten sie es so dar, als versuchten sie, Licht ins Dunkel einer Verschwörung zu bringen. Als wäre Adam Schiff, der Demokrat aus Kalifornien, der den Ausschuss leitet, ein Putschist mit sinistren Absichten.

"Ich berichte aus Adam Schiffs geheimer Kammer", twitterte Andy Biggs, ein Abgeordneter aus Arizona. Steven Scalise, im Repräsentantenhaus die Nummer zwei der Grand Old Party, sprach von einem Verfahren sowjetischen Stils. So etwas dürfte es in den USA gar nicht geben, jeder Volksvertreter müsse, wie auch die Presse, Zutritt "zu diesem Zimmer" haben.

In den Augen der Demokraten ist es der fast schon verzweifelte Versuch, sich auf das Procedere einzuschießen, wenn einem in der Substanz die Argumente ausgehen. Tags zuvor schilderte William Taylor, des geschäftsführenden US-Botschafter in Kiew, detailliert, dass Trump die Zahlung zurückgehaltener Militärhilfe für die Ukraine trotz wiederholter Dementis tatsächlich an den Beginn ukrainischer Ermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden geknüpft hatte. Keiner der Trump-Loyalisten um Gaetz ging auf den inhaltlichen Kern der Vorwürfe ein.

"Tiefer Staat"

Zum anderen entspricht es parlamentarischen Gepflogenheiten, wenn der Geheimdienstausschuss bisweilen hinter verschlossenen Türen tagt. Solange die Republikaner den Vorsitzenden stellten, bis Ende 2018, hatten sie daran nichts zu beanstanden. Das ändert sich erst jetzt, zumal es zu Trumps Verteidigungsstrategie passt. In der Diktion des Weißen Hauses ist es der "tiefe Staat", ist es der Apparat mit "radikalen, nicht gewählten Bürokraten", der den Präsidenten im Bund mit der Opposition zu stürzen versucht. Den Republikanern wiederum hatte Trump vorgeworfen, nicht energisch genug für ihn zu kämpfen.

So ist der Sturm auf den Keller wohl auch ein Versuch, Schwankende in den eigenen Reihen durch massiven Druck, verbunden mit spektakulären Aktionen, zur Ordnung zu rufen. Nach Taylors Auftritt hatte sich einer, der nur selten Kritik an Trump übt, für seine Verhältnisse überraschend weit aus dem Fenster gelehnt. Das Bild, das die Aussage ergebe, sei, "würde ich sagen, kein gutes", erklärte John Thune, ein Senator aus South Dakota. Von den 53 Republikanern im Senat waren bis dahin nur zwei, Mitt Romney und Ben Sasse, mehr oder weniger klar auf Distanz zu Trump gegangen. Soll er seines Amtes enthoben werden, müssten es mindestens 20 sein, die aus der Phalanx ausscheren. (Frank Herrmann aus Washington, 24.10.2019)