Michel Aouns Fernsehansprache.

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Die Demonstrantin Malak Alaywe Herz (Mitte, im Hochzeitskleid) wurde berühmt, weil sie einem Leibwächter Bildungsminister Akram Chehayebs einen Fußtritt versetzte.

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Beirut – Angesichts der Massenproteste im Libanon bietet Präsident Michel Aoun den Demonstranten Gespräche an. In einer landesweit übertragenen Fernsehansprache versprach er, gegen Korruption im Staatswesen vorzugehen, und schloss auch eine Regierungsumbildung nicht aus.

Mit wem Aoun verhandeln will, war vorerst unklar: Die Protestbewegung hat keine prominenten Führungspersönlichkeiten. Aoun sagte, er werde neue Gesetze gegen Korruption unterstützen. Dazu gehörten auch Überlegungen zur Lockerung des Bankgeheimnisses und der Immunität des Präsidenten, von Ministern und Regierungsmitgliedern. Kämen solche Gesetze, könnte das Ermittlungen gegen aktuelle Amtsinhaber nach sich ziehen.

Ministerpräsident versprach Reformen

Am Montag hatte die Regierung um Ministerpräsident Saad al-Hariri als Antwort auf die anhaltenden Proteste bereits eiligst ein Reformpaket verabschiedet. Dazu gehörten Maßnahmen zur Stabilisierung der Staatsfinanzen, eine Reform der Elektrizitätsbranche, aber auch symbolische Schritte wie etwa die Kürzung der Bezüge von Ministern und Abgeordneten um 50 Prozent. Hariri hatte zudem vorgezogene Neuwahlen nicht ausgeschlossen.

In den vergangenen Tagen hatten hunderttausende Menschen im ganzen Land vor allem gegen Korruption demonstriert. Straßen wurden blockiert, Schulen, Geschäfte und Banken blieben geschlossen. Auch nach Hariris Rede am Montag riss die Kritik nicht ab. "Lügen, Lügen, Lügen", sagte ein Demonstrant. Nichts werde passieren. "Sie regieren doch schon so lange. Wenn sie gewollt hätten, dann hätten sie längst alles tun können."

Hilfsgelder blockiert

Die lange verschobenen Reformen sollen auch die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von elf Milliarden Dollar (9,9 Milliarden Euro) ermöglichen, die eine Geberkonferenz unter Bedingungen im Vorjahr zugesagt hat.

Der Libanon hat eine der höchsten Verschuldungsraten der Welt. Nun ist geplant, das Staatsdefizit von aktuell rund sieben Prozent der Wirtschaftsleistung auf 0,6 Prozent im kommenden Jahr zu drücken. Dafür sollen unter anderem die Profite von Banken stärker besteuert werden. Eine Anhebung der Steuern für die Bürger soll es 2020 indes nicht geben. (red, APA, Reuters, 24.10.2019)