Eine OMV-Bohrinsel im Maui-Gasfeld vor Neuseeland. Dem Vorwurf, die OMV suche keinen Kontakt mit den Māori, widerspricht der Mineralölkonzern.

Foto: OMV Solutions GmbH

Mike Smith, ein Vertreter der Māori, der Ureinwohner Neuseelands, will eine Strafanzeige gegen die OMV, konkret gegen deren Generaldirektor Rainer Seele, beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag einbringen. Das hat dieser am Donnerstag bei einem Medientermin der NGO Greenpeace angekündigt.

Der Vorwurf: Durch Öl- und Gasbohrungen, die die OMV vor der Küste Neuseelands in Angriff nehmen wolle, sei Österreichs größtes Industrieunternehmen mitverantwortlich für die Zerstörung der Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung.

IStGH will Fälle von Umweltzerstörung priorisieren

Dass nicht der Konzern selbst angezeigt wird, erklärt sich damit, dass beim IStGH jeweils über Personen geurteilt wird – üblicherweise im Falle von Kriegsverbrechen, jedoch wies Greenpeace-Klima-Experte Adam Pawloff darauf hin, dass im Jahr 2016 eine IStGH-Staatsanwältin angekündigt habe, dass sie in Zukunft Fälle priorisieren will, die sich mit Umweltzerstörung, Raubbau und der unrechtmäßigen Enteignung von Land auseinandersetzen. Laut Smith sollen unter anderem "Genozid und Ökozid" angezeigt werden. Die Führungskräfte der OMV haben die UN-Berichte zur Klimakrise gelesen, sie wissen, was hier auf dem Spiel steht, und sie haben die Macht, etwas zu bewegen. Wenn sie das nicht tun, werden sie persönlich verantwortlich gemacht", argumentierte Smith.

Mike Smith (rechts) im Bild mit Adam Pawloff von Greenpeace.
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Die neuseeländische Menschenrechtsanwältin Alison Cole werde diese Anzeige im November einbringen. Vertreter Smith zeigte sich optimistisch, denn er glaube, dass das Rechtssystem die Moralität der Menschheit widerspiegeln würde. Es könnte jedoch noch lange dauern, denn wenn beim IStGH als erster Schritt eine Strafanzeige gestellt wurde, können theoretisch Jahre vergehen, bis eine Klage eingereicht wird, erläuterte die NGO, die selbst nicht an der Aktion beteiligt ist, diese aber unterstützt.

Greenpeace-Experte Pawloff forderte von der OMV jedenfalls, keine neuen Förderungen in Neuseeland umzusetzen. Zusätzlich müsse der Konzern langfristig aus den fossilen Energien aussteigen, denn "wenn die OMV sagt, dass sie die Pariser Klimaziele anerkennt, dann darf sie nicht gleichzeitig neue Suchen durchführen". Laut der NGO ist die OMV das letzte internationale Unternehmen, das in Neuseeland noch tätig ist und trotz des Widerstands aus der neuseeländischen Bevölkerung weiterhin Öl- und Gasförderungen umsetzen will. Gemäß des Waitangi-Vertrags – er wurde 1840 zwischen eingeborenen Māori und der britischen Krone unterzeichnet – hätte die Māori-Bevölkerung bei geplanten Offshore-Öl- und -Gasplänen konsultiert werden müssen – laut Mike Smith sei eine solche Konsultation der OMV bisher aber nicht erfolgt.

OMV widerspricht Vorwürfen

OMV-Sprecher Andreas Rinofner nahm zu den Vorwürfen am Donnerstag im ORF-Radio Stellung: Die OMV sei seit dem Jahr 1999 in Neuseeland tätig und stehe seither auch regelmäßig im Kontakt mit den Māori. Es sei absolut unrichtig, dass die OMV mit den Māori nicht spreche. Und die OMV habe auch nicht vor, sich aus Neuseeland zurückziehen, so Rinofner im Ö1-"Mittagsjournal". Was die Klage selbst betrifft, so gab Rinofner hierzu keinen Kommentar ab, denn diese kenne man ja noch nicht.

Noch 2019 plant die OMV laut Greenpeace jedenfalls neue Bohrungen vor der neuseeländischen Küste Taranakis. Das Lizenzgebiet überschneide sich mit dem einzigen Nahrungsgrund von Blauwalen vor Ort, auch der Lebensraum der bereits bedrohten Maui-Delfine, von denen es nur noch rund 60 Exemplare gibt, befindet sich in der Nähe, kritisierte Greenpeace. (red, APA, 24.10.2019)