Grande Nation gegen Google, nun auch vor den Kartellbehörden.

Foto: APA/AFP/LIONEL BONAVENTURE

Frankreichs Verlage gehen im Streit mit dem US-Internetkonzern Google über das neue Leistungsschutzrecht in die Offensive. Der Verband Apig, in dem sich dutzende überregionale und regionale Zeitungen zusammengeschlossen haben, kündigte am Donnerstag an, eine Beschwerde bei der französischen Kartellbehörde einzubringen. "Wir sind empört", sagte der Apig-Vorsitzende Jean-Michel Baylet. "Niemand kann sich über geltendes Recht hinwegsetzen, aber genau das tut Google." Die Zukunft der französischen und europäischen Presse stehe auf dem Spiel. Die Nachrichtenagentur AFP bereitet ebenfalls eine Beschwerde vor.

Frankreich hatte im Juli als erster Mitgliedstaat die neuen EU-Auflagen zum Urheberrecht in nationales Recht umgesetzt, am Donnerstag trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Die EU-Urheberrechtsreform war im Frühjahr beschlossen worden. Damit sollen Unternehmen wie Google, YouTube oder Facebook verpflichtet werden, Medienunternehmen und Kreative angemessen zu vergüten. Die Novelle wurde unter anderem von Zeitungsverlegern und Nachrichtenagenturen wie AFP unterstützt.

Ungeachtet der neuen Rechtslage in Frankreich will Google für Nachrichten und andere Medien-Inhalte aber weiterhin nicht bezahlen. Stattdessen sollen Ausschnitte aus Artikeln sowie Fotos und Videos nur dann in den Suchergebnissen angezeigt werden, wenn die betreffenden Medienunternehmen eine kostenlose Nutzung zugesagt haben. Andernfalls will Google nur noch mit einer Überschrift auf die externen Inhalte verlinken. Dadurch dürften die Klickzahlen auf den Seiten der Medien aber deutlich zurückgehen.

Schützenhilfe kam von Frankreichs Kulturminister Franck Riester: "In Frankreich sorgen 35.000 Journalisten mit einer Pressekarte (...) für eine professionelle, verlässliche Qualitäts-Berichterstattung. Google (hat) auf der anderen Seite wie viele Journalisten?". Riester kündigte an, beim kommenden Treffen mit seinen EU-Amtskollegen am 21. November über mögliche Regeln für eine bessere Regulierung großer Internetplattformen zu sprechen.

Rechtsverzicht oder Sichtverzicht

Google stelle die Verlage vor die Wahl, entweder auf die Sichtbarkeit ihrer Inhalte oder auf ihre Rechte zu verzichten, sagte der Chef der Mediengruppe "Les Echos-Le Parisien", Pierre Louette. Er sprach von einem "Gewaltakt" des Internetgiganten. Die deutschen Verlage unterstützen das Vorgehen der französischen Presse gegen Google. Das Verhalten des Suchmaschinenbetreibers grenze "an modernes Raubrittertum", erklärten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). "Nach unserer Auffassung missbraucht Google seine Marktmacht dazu, das heute in Frankreich in Kraft getretene neue Urheberrecht zu umgehen", hieß es in der gemeinsamen Mitteilung.

Offener Brief von tausend Medienschaffenden

Medien und Autoren werfen Google und anderen Konzernen vor, mit ihren Inhalten hohe Gewinne etwa über Werbeeinnahmen zu erzielen, ohne dafür Lizenzgebühren zu bezahlen. Mehr als tausend Medienschaffende aus Europa unterzeichneten einen offenen Brief, in dem sie die Politik zum Gegensteuern aufriefen. Die EU-Urheberrechtsreform ist seit Juni in Kraft. Die Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit, um die Bestimmungen umzusetzen.

Deutschland hatte bereits vor rund sechs Jahren ein Leistungsschutzrecht eingeführt, damit Suchmaschinen wie Google nicht Pressebeiträge ohne Zustimmung öffentlich machen. Dieses Gesetz kippte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aber vor knapp zwei Wochen aus formalen Gründen. In dem Fall hatte die deutsche Verwertungsgesellschaft Media, die zahlreiche Verlage vertritt, Google auf Schadenersatz verklagt. Die Gesellschaft machte geltend, dass Google unentgeltlich Textteile, Bilder und Videos von Presse- und Medieninhalten genutzt habe. (APA, AFP, dpa, 24.10.2019)