Gelingt es, die Funktion des LIPP-Proteins durch ein Medikament zu hemmen, kann möglicherweise eine Chlamydien-Infektion verhindert werden, hoffen Forscher.

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Chlamydien sind Bakterien, die menschliche und tierische Zellen infizieren können. Menschen sind besonders von Chlamydia pneumoniae (Cpn) und Chlamydia trachomatis betroffen. Chlamydia pneumoniae befällt die oberen und unteren Atemwege und verursacht Bronchitis, Sinusitis und Lungenentzündungen. Um sich im Menschen vermehren zu können, müssen die Bakterien zuerst von außen an die Wirtszelle andocken und in einem nächsten Schritt in sie eindringen.

Jede Zelle wird von einer Membran, der sogenannten Plasmamembran, umschlossen. Diese Membran besteht aus vielen einzelnen Molekülen, den sogenannten Phospholipiden. Hinzu kommen Membranproteine, die für den Stofftransport zwischen Zellinnerem und äußerem Milieu sowie die Kommunikation zwischen Zellen zuständig sind. Ein Bestandteil der Membran ist das Phospholipid Phosphatidylserin, kurz PS. Es sitzt bei gesunden Zellen an der Innenseite der Membran, wird aber an deren Außenseite transportiert, wenn eine Zelle krank ist. Dort ist PS ein Marker dafür, dass die Zelle durch den sogenannten programmierten Zelltod, Apoptose genannt, abgebaut werden soll.

Forscher der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) haben nun bei Chlamydia pneumoniae ein Protein namens LIPP gefunden, das eine entscheidende Rolle bei der Kopplung des Bakteriums an eine menschliche Zelle spielt. Dieses Protein sitzt an der Bakterienoberfläche. In früheren Studien stellten die Düsseldorfer Forscherinnen und Forscher fest, dass eine Chlamydieninfektion mit Cpn erheblich gesteigert wird, wenn man LIPP künstlich hinzugibt.

Möglicher Ansatz gegen Chlamydieninfektion

Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für die Studie, deren Ergebnisse nun Forscher der HHU und der Universität Freiburg in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichten. Die Wissenschafter stellten fest, dass das LIPP-Protein direkt an die Plasmamembran bindet und nach der Bindung die Membran durchdringt. Mehrere LIPP-Moleküle bilden anschließend eine Pore in der Plasmamembran aus. Danach transportiert das gebundene LIPP die sonst an der inneren Membranseite sitzenden PS-Moleküle nach außen.

Mit LIPP wurde zum ersten Mal ein Protein identifiziert, das bei Zugabe von außen einen Bestandteil der inneren Membranseite auf die Oberfläche der Zelle transportiert. Überraschenderweise löst dies nicht den Zelltod aus, sondern die Zelle ist weiterhin lebensfähig. Dies gilt sowohl für Zellen, die nur mit den LIPP-Proteinen allein konfrontiert sind, als auch für den Befall mit Chlamydien.

Die Forscher vermuten, dass es für das Chlamydium vorteilhaft ist, durch sein LIPP-Protein das PS-Molekül der Wirtszelle nach außen transportieren zu lassen. Möglicherweise ist an der Stelle, an der das PS mit dem LIPP-Protein auf der Membran sitzt, letztere so verformt, dass das Chlamydium leichter in die Zelle eindringen kann. Auch dienen die auf die Membranaußenseite der Humanzelle transportierten PS-Moleküle möglicherweise als Rezeptor für das Bakterium. "Das LIPP-Protein ist jetzt zum Ziel für Wirkstoffe gegen eine Chlamydieninfektion geworden. Gelingt es, die Funktion des LIPP-Proteins durch ein Medikament zu hemmen, kann möglicherweise eine Infektion verhindert werden", erklärt Jan Galle, Erstautor der Studie. (red, 28.10.2019)