Präsident Sebastian Piñera am 26. Oktober.

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Die Unruhen in Chile haben bisher 19 Todesopfer gefordert.

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Mehr als eine Million Menschen gingen am Freitag in der Hauptstadt Santiago auf die Straße.

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Die Demonstranten fordern den Rücktritt von Präsident Sebastian Piñera.

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Santiago de Chile – Der chilenische Präsident Sebastian Piñera will den Massenprotesten gegen seine Regierung mit einer Kabinettsumbildung begegnen. "Ich habe alle Minister informiert, dass wir eine Umstrukturierung des Kabinetts brauchen, um diesen neuen Forderungen zu begegnen", sagte Piñera am Samstag im Präsidentenpalast La Moneda.

Er habe alle Minister aufgefordert, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen, sagte Piñera. Eine Regierungsumbildung sei erforderlich, um den "neuen Forderungen" der Demonstranten zu begegnen. Bereits am Freitag hatte Piñera mit Blick auf die rund eine Million Demonstranten gesagt, er habe deren "Botschaft gehört".

Ausgangssperre aufgehoben

Mehr als eine Million Menschen haben auf einer Kundgebung am Freitag in Santiago de Chile tiefgreifende Sozialreformen gefordert. "Über eine Million Demonstranten repräsentieren die Wut und Empörung, die sich in Chile über Jahre angesammelt hat", sagte Hauptstadt-Bürgermeisterin Karla Rubilar dem Sender TV Chile. Die vor einer Woche begonnene Protestwelle sei zu einer "Kraft des Wandels" geworden.

Die Ausgangssperre in Santiago de Chile ist indes nach einer Woche aufgehoben worden. Die Armee teilte am Samstag mit, dass dies "die aktuelle Lage erlaubt".

Widerstandslieder und Fahnen

Die Demonstranten schwenkten chilenische Flaggen und sangen Widerstandslieder aus der Zeit der Diktatur unter General Augusto Pinochet (1973 bis 1990). Als die Demonstranten am Freitag am Präsidentenpalast vorbeizogen, riefen sie Parolen gegen Piñera und das Militär.

Piñera schrieb im Online-Netzwerk Twitter: "Wir haben uns alle verändert." Der unter Druck stehende Präsident zog ein positives Fazit der Proteste: Der "riesige, fröhliche und friedliche" Protestmarsch in Santiago öffne "große Wege für die Zukunft und die Hoffnung". Zuvor sprach er noch von "Krieg."

U-Bahn-Tickets als Auslöser

Die Protestwelle hatte sich an der Erhöhung der Preise für U-Bahn-Tickets in Santiago vor einer Woche um umgerechnet vier Euro-Cent entzündet. Sie weitete sich rasch auf das ganze Land aus, mit Forderungen, die weit über die ursprünglich beanstandeten Fahrpreise gingen, von höheren Löhnen und Pensionen über eine Senkung der Medikamentenpreise bis zur Verfassungsreform.

In den ersten Tagen arteten die Demonstrationen in Brandanschläge und Plünderungen aus. Ab Mittwoch etwa wurden die Versammlungen der Chilenen zu massiven Protestkundgebungen. Die Proteste nahmen nicht ab, obwohl Piñera erst die Erhöhung der Preise für U-Bahn-Tickets rückgängig machte und ein paar Tage später ein Maßnahmenpaket ankündigte, das auf einige der Forderungen der Demonstranten einging.

Mindestens 19 Tote

Bei den Protesten kam es auch zu Gewalt. U-Bahn-Stationen wurden zerstört, Supermärkte geplündert und in Brand gesetzt. Auf den Straßen brannten Barrikaden. Bis Freitag gab es 19 Tote. Nach Angaben des Nationalen Instituts für Menschenrechte (INDH) wurden sei Beginn der Proteste zudem mehr als 580 Menschen verletzt, darunter 245 durch Schusswaffen. (APA, red, 26.10.2019)