Norbert Walter-Borjans (links) und Olaf Scholz (rechts) beim Handshake nach der Verkündung des Ergebnisses.

Foto: APA/AFP/JOHN MACDOUGALL

Saskia Esken (links) und Klara Geywitz (rechts).

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Berlin – Dietmar Nietan, der Schatzmeister der SPD, machte es spannend. Er war es, der am Samstagabend im Willy Brandt-Haus das Ergebnis verkündete. "Ich bin auf euch alle sehr stolz", sagte er auf der Bühne und dankte für die Hilfe, auch der Post, dem Wahlvorstand und den Notaren. Und er versicherte, dass das Mitgliedervotum ordnungsgemäß abgelaufen sei.

Dann war es endlich soweit und zu verkünden: Bundesfinanzminister Olaf Scholz und seine Partnerin Klara Geywitz, eine Politologin aus Brandenburg, haben den Mitgliederentscheid über den Parteivorsitz knapp gewonnen, die erforderliche absolute Mehrheit aber deutlich verfehlt. Das Duo Scholz/Geywitz kam auf rund 22,7 Prozent, während die Zweitplatzierten auf 21 Prozent kamen. Dies sind die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken und der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Somit hat kein Team die absolut Mehrheit erhalten.

Stichwahl Ende November

Es kommt nun also zwischen dem 19. und dem 29. November zu einer Stichwahl zwischen Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans und Clara Geywitz/Olaf Scholz. Generalsekretär Lars Klingbeil kündigte an, dass die vier sich wieder der Basis präsentieren werden.

Das dürfte interessant werden. Esken und Walter-Borjans, der in der Partei Nowabo genannt wird, hat von Scholz gefordert, die schwarze Null und die Schuldenbremse aufzugeben und mehr zu investieren. Saskia Esken hat in einem Interview mit dem Handelsblatt erklärt: "Ich sehe keine Zukunft für die große Koalition." Die Art der Kompromisse in der Koalition schadeten der "SPD und dem Land". Wenn die SPD mit einer Programmatik in Neuwahlen gehe, werden sie besser abschneiden als derzeit Umfragen voraussagen.

Große Koalition ja oder nein?

"Man darf der Partei keine Angst machen vor Neuwahlen", so Esken. Walter-Borjans gilt als zumindest koalitionsskeptisch. Er will dem Bündnis noch eine Chance geben, wenn die CDU bereit ist mehr Geld für Investitionen locker zu machen. Geywitz und vor allem Scholz stehen eher für eine Fortsetzung der großen Koalition. Wochenlang hatte die SPD auf diese erste Auszählung hingearbeitet. Die Suche nach einer neuen Führung war nötig geworden, weil Andrea Nahles nach dem desaströsen Abschneiden der EU-Wahl im Juni als Partei- und Fraktionschefin zurückgetreten war – auch weil sie sich von ihrer Partei zu wenig unterstützt gefühlt hatte.

Immer wieder hatte es in der SPD geheißen, Nahles mache ihre Arbeit nicht ordentlich. Nie wieder Hinterzimmer, hatte sich die SPD-Spitze dann geschworen und angekündigt, die Kandidatensuche sehr gründlich und unter Einbeziehung der Basis zu absolvieren. Also durften die Mitglieder entscheiden. Am 1. September begann die große Casting-Show, acht Paare und ein Einzelbewerber waren bei der ersten Basiskonferenz in Saarbrücken am Start. 23 Konferenzen in ganz Deutschland gab es, sie alle wurden live gestreamt und von 200.000 Menschen gesehen.

Zur Auswahl waren am Schluss noch sechs Paare übrig. Im Willy Brandt-Haus war man von der Vorgehensweise absolut begeistert: "Nicht wenige in der Parteispitze entscheiden über den Vorsitz, sondern unsere rund 430.000 Mitglieder im ganzen Land", sagte Klingbeil. Über die sechs Paare konnten die Miglieder per E-Mail und per Brief seit dem 14. Oktober bis Freitag Mitternacht abstimmen. 250 freiwillige Helfer zählten dann bis zum Samstag aus. (Birgit Baumann aus Berlin, 26.10.2019)