Der erste Sieg in Wien für Dominic Thiem war ein hartes Stück Arbeit.

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Es ging in alle Ecken des Courts.

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Der große Moment war um 16.41 Uhr gekommen.

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Der Verdienst ist nicht nur ein Pokal, sondern auch etwas mehr als 470.000 Euro Preisgeld.

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Wien – Ja, es ist eine kitschige Geschichte: Dominic Thiem ballte am Sonntag um 16.41 Uhr in der Wiener Stadthalle die Faust, sank in die Knie, ließ sich rücklings auf den Center Court fallen, genoss die Ovationen der 9600 Fans. Als er wieder Boden unter den Füßen hatte, dankte er mit brüchiger Stimme dem Publikum. "Ich kann es nicht fassen, ein Traum ist in Erfüllung gegangen. Vor 17 Jahren war ich als Fan da."

Der 26-jährige hat ein Zeiterl später als gestandener Profi tatsächlich die mit 2,4 Millionen Euro dotierten Erste Bank Open gewonnen. Auch im Finale hatte er eine mentale Sonderleistung geboten, der topgesetzte Lichtenwörther schlug den wehrhaften Argentinier Diego Schwartzman, die Nummer 15 der Rangliste, 3:6, 6:4, 6:3. Ein Vorhandwinner beendete nach 2:25 Stunden den Reigen. "Es war ein Superspiel. Diego ist ein enger Freund von mir, ich habe ihn ins Herz geschlossen." Thiem ist nach Horst Skoff (1988) und Jürgen Melzer (2009, 2010) der dritte österreichische Sieger.

Weitere Zahlen: Er hält nun bei 16 ATP-Titeln, alleine heuer holte er fünf, so viele wie kein anderer. Indian Wells, Barcelona, Kitzbühel und Peking waren vor Wien. Mit dem Verdienst von 474.295 Euro hat er die 20-Millionen-Dollar-Preisgeld-Grenze geknackt. Wobei das Geld in Wien wurscht war. Es war die emotionalste Woche seiner Karriere, Adrenalin und Gänsehaut pur. "So etwas habe ich noch nie erlebt, das war surreal", sagte er. Erst Jo-Wilfried Tsonga, dann Fernando Verdasco und Pablo Carreno Busta.

Schwartzman im Finale stark

Tennismäßiger Höhepunkt war am Samstag das Halbfinale gegen den fulminanten Italiener Matteo Berrettini (3:6, 7:5, 6:3). Aber auch der Showdown war kein Freispiel. Der 1,67 Meter große Schwartzman entpuppte sich als Ärgernis, er verteilte die Bälle präzise. Thiem wirkte fahrig, nervös, er überpowerte, auf den Aufschlag war kein Verlass.

Als er dann im zweiten Satz zum 5:4 breakte, war er ein gewohnter Thiem, einer, der vor Selbstvertrauen strotzt und Tennis zelebriert. Schwartzman (27) gratulierte ("Er war zu gut"), bedankte sich für die "Diego"-Sprechchöre. Thiem ist diese Woche beim Masters-1000 in Paris tätig, die Saison endet mit den Finals in London (ab 10. November).

Verhandlungen

Herwig Straka war doppelt glücklich und gerührt, der 53-Jährige ist erstens Turnierdirektor (seit 2009) und zweitens Manager von Thiem (seit Mai 2019). Die Open bescherten einen Zuschauerrekord, fünf Tage waren ausverkauft, insgesamt besuchten 66.350 Menschen die Veranstaltung. Das lag nicht nur, aber vor allem an Thiem. Dummerweise ist die Wiener Stadthalle zu klein geworden, für das Finale hätte man 20.000 Karten verkaufen können, Platz ist für 9600.

Die Stadt Wien plant den Bau einer Mehrzweckhalle in St. Marx, sollte es keine Verzögerungen geben, ist sie 2025 fertig. Thiem wäre dann 32 Jahre alt und es könnten ihn sogar mehr als 20.000 beklatschen. Der Vertrag mit dem Haupt- und Namenssponsor läuft aus, Thomas Schaufler, der Privatkunden-Vorstand, hat Interesse bekundet, weiterzumachen. "Kompliment, die Kundennachfrage war unendlich."

Die Erste Bank hat sich nach 17 Jahren als Sponsor der Eishockeyliga zurückgezogen, Auswirkungen aufs Tennis hat das laut Schaufler keine. Pikanterweise wird Thiem vom Konkurrenten, der Bank Austria, unterstützt. Straka ist in einer komfortablen Position. Er wird zunächst mit der Erste Bank verhandeln. Aber er dürfte auch andere Interessenten in der Hinterhand haben. Keine Global Player, "denn für die sind Wien und Österreich zu klein".

Der Traum vom Tausender

Visionen gönnt sich Straka, er träumt von einem ATP-1000-Turnier (momentan 500). Derzeit ist das Turnier mit neun Millionen Euro budgetiert. Eine Aufwertung würde nur in zweiter Linie am Finanziellen scheitern. "Man bekommt keine Lizenzen." Die Zahl der 1000er ist auf neun begrenzt. Ion Tiriac würde Madrid um 250 Millionen Dollar verscherbeln, das geht gar nicht. Also bleibt Wien mittelgroß.

2020 beginnt das Turnier, wie immer es auch heißen mag, am 26. Oktober. Bis auf Roger Federer könnte praktisch jeder kommen. Straka liebäugelt mit Rafael Nadal, ob Rafael Nadal mit Wien liebäugelt, steht in den Sternen. Gespielt wird trotz Klimawandels nicht im Freien, sondern in der zu kleinen Stadthalle. (Christian Hackl, 27.10.2019)