Transport und Logistik für Weißware wie Kühlschränke und Waschmaschinen ist auch im E-Commerce-Zeitalter ein hartes Geschäft.

Foto: Q-Logistics /Aaron Jiang

Nach Jahren des Sanierens und Restrukturierens sowie einer gescheiterten Verpartnerung kann die ÖBB ihren Problembereich Stückgut losschlagen. Der Aufsichtsrat der ÖBB-Holding hat am Mittwoch dem geplanten Verkauf des notorischen Verlustbringers an den deutschen Mittelstandsfinanzierer Mutares SE zugestimmt. Das erfuhr DER STANDARD aus mit der Materie befassten ÖBB-Kreisen.

Aus dem Verkauf an einen namhaften Logistiker ist also nichts geworden. Ein ÖBB-Sprecher bestätigte am Wochenende, dass sich die Transaktion im Finale befinde. Die Industrieholding Mutares habe ein notariell bindendes Angebot gelegt, jetzt gehe es darum, "die letzten vertraglichen Details zu fixieren".

Heiße Fracht

Darunter befanden sich einige heiße Fragenkomplexe. Ein Knackpunkt war demnach, ob die ÖBB im Fall eines Konkurses von Q-Logistics zur Kassa gebeten werden könne. Könne sie nicht, versichern ÖBB-Insider, die ÖBB müsse ihre für Lagerung und Transport sperriger Güter wie Kühlschränke oder Waschmaschinen zuständige Tochter nicht zurücknehmen. Dieser Punkt sei inzwischen ausgeräumt, heißt es.

Auch das Personalproblem wurde dem Vernehmen nach gelöst. Die rund 900 Beschäftigten der Q-Logistics sollen weiterhin im Stückguttransport, der ausschließlich mit Lkws abgewickelt wird, arbeiten, Dienstgeber bleibt allerdings die ÖBB-Infrastruktur. Sie wird Q-Log-Beschäftigte übernehmen. Wie viele? Darüber gehen die Meinungen auseinander. ÖBB-Sprecher Robert Lechner räumt ein, dass Eisenbahner in die für Bahnbau zuständige ÖBB-Infrastruktur transferiert wurden. Ob das nur die 280 "beamteten" Alteisenbahner betreffe oder doch alle 900 Beschäftigten, wurde nicht spezifiziert. Ein Rückkehrrecht wurde ihnen jedenfalls eingeräumt: "Sollten Mitarbeiter eine andere berufliche Perspektive suchen, bietet der ÖBB-interne Job-Markt große Chancen", heißt es. Die ÖBB suche 10.000 Mitarbeiter.

Kaufpreis geheim

Über den Kaufpreis schweigt sich die Staatsbahn, die mit ihrem Stückgut über die vergangenen zehn Jahre Millionenverluste eingefahren hat, aus. Es sei Stillschweigen vereinbart. In Aufsichtsratskreisen war bereits vor Beginn des Verkaufsprozesses von einem "negativen Kaufpreis" die Rede. Heißt auf gut Deutsch: Die Staatsbahn muss Q-Log mit einer Mitgift aufhübschen. Eine solche dürfte eine Mietfreistellung in den Lager- und Verteilzentren in Wien, Linz, Wolfurt und anderen Städten in Österreich darstellen, die der Eigentümer der Logistikcenter, die ÖBB-Infrastruktur AG, gewähren wird. Zumindest eine deutliche Senkung der Mieten müsse erfolgen, sagen Auskenner, die hohen Fixkosten seien ein Hindernis bei der Sanierung gewesen.

Naturalien als Mitgift

Mietnachlass allein dürfte nicht reichen. Der Investitionsbedarf in den teils überalterten Lagerhallen ist enorm. Auf mindestens 30 Millionen Euro für Hard- und Software taxieren ihn Branchenkenner. Das Logistikcenter Linz gilt als Fall für die Abrissbirne, weil auf drei Stockwerke verteilt und bei Ersatzteilen auf Secondhand-Komponenten aus dem Internet angewiesen. Weiterer Mittelabfluss bei der ÖBB scheint programmiert. Zur Aufrechterhaltung des laufenden Geschäfts waren Mitte des Jahres 4,6 Millionen Euro an liquiden Mitteln reserviert. Auch Personal- und Lohnverrechnung bezieht Q-Log von der Konzernmutter ÖBB und war so deren Einnahmequelle.

Verluste in Millionenhöhe

In ihrer Bilanz 2018 hatte die ÖBB-Holding die Q-Log bereits aufgehübscht: Der Firmenwert wurde um 27 Millionen Euro (IFRS) wertberichtigt und acht Millionen wurden eingeschossen. 2018 wurde bei 250 Millionen Euro Umsatz ein Verlust von 38 Millionen Euro eingefahren.

Ob für die in Mutares SE & Co. KGaA umgeänderte Industrie- und Beteiligungsholding über Naturalien hinaus eine Mitgift bereitgestellt wird, war nicht in Erfahrung zu bringen. "Mit einer möglichen Übernahme des Geschäfts von Q-Logistics würden wir ein aussichtsreiches österreichisches Unternehmen für unser Segment Goods & Services erwerben", hatte die an der Börse in Frankfurt notierte Mutares vor zehn Tagen via Pflichtmitteilung bekanntgegeben. Nun versucht also ein Branchenfremdling, die bis 2018 in einem glücklosen Joint Venture mit Quehenberger (daher der Name Q-Logistics) geparkte Stückgut-Tochter zu sanieren. (Luise Ungerboeck, 28.10.2019)