Franziska Gritsch lieferte Österreichs bestes Resultat beim Auftakt des Weltcups in Sölden.

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Bernadette Schild kann nach einem Kreuzbandriss in dieser Saison keine Rennen mehr fahren.

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Sölden – Die Damenskiwelt steht seit Samstag kopf. Mit einem Geniestreich hat Alice Robinson aus heiterem Himmel Mikaela Shiffrin beim Weltcupauftakt in Sölden im Riesentorlauf nicht nur die Stirn geboten, sondern die mehrfache Meisterin dieses Fachs unverfroren in die Schranken gewiesen. Die erst 17-jährige Neuseeländerin ließ die dreimalige Weltcupgesamtsiegerin, die in der vergangenen Saison auch Beste in der Riesentorlaufwertung war, um sechs Hundertstel hinter sich und fixierte trotz bereits abgelegter Talentproben doch überraschend ihren ersten Weltcupsieg.

Versüßtes Scheitern

Damit hatte wohl nicht nur in Neuseeland, wo man am Samstag das Scheitern der All Blacks bei den in Japan stattfindenden Rugby-Weltmeisterschaften gegen England zu verkraften hatte, kaum jemand zu rechnen gewagt. Auch nicht Robinson, die unmittelbar nach ihrer Gala auf dem Gletscher, gegen Tränen kämpfend und nach Worten ringend, sagen sollte: "Ich bin geschockt."

Lag die in Sydney geborene und ab vier Jahren in Queenstown aufgewachsene Schülerin nach dem ersten Lauf noch 14 Hundertstel hinter Shiffrin, so belehrte sie in der Entscheidung auf dem selektiven Steilhang des Rettenbachferners alle Skeptiker, die mit einer Eintagsfliege spekuliert hatten. Robinson hatte schon bei der WM in Schweden mit Laufbestzeit im Finaldurchgang des Riesentorlaufs und beim Weltcupfinale im März in Soldeu als Zweite hinter Shiffrin ihr Potenzial angedeutet. Sie avancierte zur ersten Riesentorlaufsiegerin aus Neuseeland.

Grund für ein Hurra gab es am Samstag aus österreichischer Sicht nicht. Der durchaus bemerkenswerte siebente Platz von Lokalmatadorin Franziska Gritsch und der respektable zehnte Rang von Ramona Siebenhofer wurden von Bernadette Schilds schwerer Verletzung überschattet. Für die Salzburgerin ist nach einem Kreuzbandriss die Saison bereits wieder zu Ende, zudem prolongierte sie die Verletzungsmisere im Damenteam. Erst vor einer Woche hatte sich Sabrina Maier beim Training in Sölden einen Kreuzbandriss zugezogen. Österreichs Nummer eins im Riesentorlauf, Stephanie Brunner, hatte Mitte August beim Training in Argentinien zum bereits dritten Mal in 17 Monaten ebendiese Verletzung erlitten. Anna Veith, Cornelia Hütter und Katharina Gallhuber sind nach Kreuzbandrissen rekonvaleszent.

Schild wurde am Samstag in Innsbruck erfolgreich operiert, sie hadert aber noch mit ihrem Unglück. "Ich bin okay, aber es ist immer noch nicht leicht, damit klarzukommen, dass ich diesen Winter nicht fahren kann." An einen baldigen Start denken kann auch Brunner nicht. Die Fünfte im Riesentorlauf von Sölden 2018 muss demnächst erneut unters Messer und fällt damit ebenfalls für die komplette Saison aus.

Im ÖSV und bei der Fis hat man längst registriert, dass es vor allem bei den Frauen zu viele Verletzungen gibt. Analysen ergaben, dass die Szenarien und Ursachen sehr unterschiedlich sind, sich daher die Suche nach Lösungsansätzen schwierig gestaltet. "Wir widmen uns bei Treffen der Führungsspitze mehrmals im Jahr diesem Thema, um Vorgangsweisen und Methoden abzuleiten", sagt ÖSV-Sportdirektor Toni Giger.

Diffiziles Vorankommen

Man habe in den vergangenen Jahren versucht, die Aggressivität der Skier zu reduzieren. Ein Problem bei dieser komplexen Materie aber ist, dass dies mit Veränderungen bei anderen Ausrüstungsteilen kompensiert wurde, sodass die Gesamtaggressivität nicht abnahm. Nun ist man bemüht, die Athletinnen mit weniger aggressivem Material schneller zu machen, damit sie auf weniger körperbelastendes zurückgreifen können. Diesbezüglich sei man aber noch nicht recht weit gekommen, bedauert Giger. Man wolle das Projekt aber in Gesprächen mit den Trainern vorantreiben. (Thomas Hirner, 27.10.2019)