Die Alten verstehen die Jungen nicht, sagt Samuel Koch. Das Problem hält der Jungunternehmer heute aufgrund der technologischen Umwälzungen für viel größer als je zuvor. Überall stünden sie im Weg herum, sagt Koch. Was er bei seiner Beratungstätigkeit von vielen Unternehmern, die der Old Economy zuzurechnen seien, gehört habe, habe ihn nicht ermutigt.

STANDARD: "Sie stehen uns überall im Weg. Ich fordere euch auf, euch zurückzuziehen. Ihr habt den Anschluss an den technologischen Wandel, der alle Lebensbereiche durchdringt, verloren." Wie alt muss man sein, um sich von Ihren Worten angesprochen zu fühlen?

Koch: Aus meiner Sicht gibt es eine Generation, die meine Generation nicht mehr versteht. Ich denke, man könnte das Alter mit etwa 40 umschreiben.

STANDARD: "Die Welt, die ihr nicht mehr versteht", titeln Sie auch Ihr Buch. Sollten Sie nicht mit Fridays for Future protestieren, deren Botschaften twittern und influencen, anstatt so etwas Altmodisches zu tun, wie ein Buch zu schreiben?

Koch: Ich glaube, dass ich durch meine Unternehmungen am besten die Leute bewegen kann. Das Buch ist trotzdem ein tolles Mittel, um Botschaften rauszubringen. Am Ende des Tages muss man ja auch beide Generationen zusammenführen. Ich möchte nicht alles abschreiben, was die Älteren tun, sondern auch die Gelegenheit geben, mit der älteren Generation ins Gespräch zu kommen.

Technologien wie künstliche Intelligenz bieten Chancen, sagt Samuel Koch. Bei Älteren ortet er dagegen einen negativen Zukunftsbegriff.
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STANDARD: Jetzt klingen Sie versöhnlich. Dabei beklagen Sie, dass die Altvorderen sinngemäß mit dickem Hintern, mit Ängsten, Verhinderungsstrategien und Fehleinschätzungen eine Welt verteidigen, in der Sie künftig leben müssen.

Koch: Ja, genau. Lassen Sie es mich so erklären: Beim Thema Politik kommt der Vorwurf, dass wir uns nicht wirklich interessieren. Dabei herrscht bei der älteren Generation ein wesentliches Nichtverständnis dafür, wie unser Politikverständnis tickt. Wir können mit Ämtern, Machtstrukturen und Funktionären nichts anfangen, sind durch die Digitalisierung in einer sehr bewegten Welt und mit der direkten Demokratie aufgewachsen. Wir denken europäisch und weltbürgerlich und sehen das Thema Grenzen ganz anders. Natürlich möchte ich, dass sich die Generationen finden können.

STANDARD: Und wie?

Koch: Indem man verstehen lernt, wie wir ticken, und indem man Platz macht. Das ist nötig. Diese Aussage nehme ich sicher nicht zurück. Auch in Sachen Leistungsbereitschaft gibt es immer wieder den Vorwurf, dass die Jungen nicht mehr so leisten können wie die Generation, die von null weg aufgebaut hat. Da sage ich jedem Manager: Wir können sehr leistungsfähig sein, aber unter ganz anderen Bedingungen. Das checken die großen Konzerne und Unternehmen nicht mehr. Das wird ein Riesenproblem.

Ich habe jüngst mit einer Kollegin gesprochen, die bei einer großen Beratungsfirma begonnen hat und nach drei Monaten das Handtuch werfen wird. Sie sagt, dass es dort so eingefahren ist, dass du als junger Mensch nicht mitgestalten kannst. Mein erster Mitarbeiter, der beste Programmierer aus Wien, hätte zu jedem großen Konzern gehen können. Er hat sich entschieden für mein Projekt zu brennen, weil er dort mitgestalten und aufbauen kann. Die alten Strukturen erlauben das einfach nicht. Mein Vater hat es geschafft, bevor er 50 Jahre alt wurde, zurückzutreten und die Bühne einer jungen Generation zu überlassen. Die Hand sozusagen gesund auf der Schulter zu haben und strategisch zu unterstützen und so in die zweite oder dritte Reihe zu treten. Darum geht es.

STANDARD: Sie haben das Wirtschaftsministerium und Sebastian Kurz beraten. Sind Sie auf offene Ohren gestoßen?

Koch: Die Beratungstätigkeit war unter anderem eine Zuhörtätigkeit. Mir ist dieses Unverständnis für den neuen, digitalen Kunden und die zukünftigen Wähler, die Digital Natives, aufgefallen. Es werden politische Voraussetzungen für eine Arbeitswelt geschaffen, die nicht der Zukunft entspricht. Aber ich muss schon so ehrlich sein, dass es den einen oder anderen Alten gibt, der ein offenes Ohr hat. Was das politische System betrifft: Wir werden wieder einen sehr jungen Kanzler haben. Er könnte wahrscheinlich noch viel mehr machen, wobei im Hintergrund alte Macht- und Funktionsstrukturen das ein bisserl unterbinden. Dieses Erhalten der Basis finde ich sehr schade.

STANDARD: Sie sind gut ausgebildet wie viele Ihrer Generation. Sprechen Sie nicht als Mitglied einer elitären Minderheit für Menschen, die das vielleicht ganz anders sehen?

Koch: Vom Mindset her glaube ich, dass es bei der jungen Generation ein Muster gibt. Ich bin ein Burgenländer, Wiener oder Vorarlberger, ich glaube diese enge Sicht ist unter der jungen Generation kollektiv nicht vorhanden. Vielleicht sage ich auch dazu: Ich habe sicher keine Eliteausbildung bekommen, war halt auf der TU. Ich komme zwar nicht aus superbescheidenen Verhältnissen, aber mein Vater ist ein typischer KMU-Unternehmer in der Steiermark. Aber ich habe einen gesunden Ehrgeiz und den Wunsch, Plattformen und Strukturen aufzubauen, wo die jungen Leute Ideen umsetzen und eine neue Art der Bildung, wie ich sie mir vorstelle zukünftig erleben können.

Koch ortet auch bei den Jüngeren Schwächen: "Ich sage nicht, dass die Jungen makellos sind." Der Umstand, dass er ja auch in 15 Jahren 40 sein wird, quält ihn nicht. "Ich habe die Mission, jetzt schon Strukturen und Netzwerke aufzubauen, die mich relativ schnell obsolet machen sollen, damit die nächste Generation damit glänzen und performen kann."
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STANDARD: Sie klingen sehr ungeduldig, sagen, wir verschlafen alles. Muss man nicht in einer Demokratie Fragen von solcher Tragweite ausgiebig diskutieren?

Koch: Generationenkonflikte hat es immer gegeben. Aber die Digitalisierung und die Beschleunigung heben das auf so ein Niveau, dass es einfach etwas Neues ist. Es sind auch Probleme in Wirtschaft und Bildung, die den Generationenkonflikt sehr verstärken. Dazu kommt: Wir sind halt in Österreich. Was ich vermeiden wollte, ist, diesen typischen österreichischen Mittelweg zu gehen, die Mittellösung, den Kompromiss, ja, grundsätzlich ist alles toll, wir müssen uns ein paar Sachen anschauen, aber wir haben uns alle gern, und es passt schon alles. So kommen wir nicht voran.

STANDARD: Die überholte Generation Mensch, so schreiben Sie, wird irgendwann im Altersheim sitzen – und zwar mit ihrem Pflegeroboter ...

Koch: Einer meiner großen Kritikpunkte ist, dass ich in der älteren Generation einen grundsätzlich negativen Zukunftsbegriff sehe, auch was Technologien und künstliche Intelligenz betrifft. Es ist alles schlecht. Wenn man die junge Generation verstehen möchte, bei Dingen wie Leistungsbereitschaft, Politik, muss man sie verstehen lernen. Wir bauen mit diesen Utopien auf einem positiven Zukunftsbegriff auf und sehen auch in Technologien im Bereich Pflege nicht das Negative, sondern das, wie man die Lebensqualität in Zukunft fördern und steigern kann.

STANDARD: Sie nennen als Vorbild Elon Musk. Niemand hindert einen daran, Elon Musk zu werden, oder?

Koch: Ich sage der jungen Generation: Es gibt zwei Sachen, die dich aufhalten können, nach deinen Zielen zu streben. Das Erste ist, wenn du es nicht schaffst, Träume zu entwickeln. Da nehme ich auch die alten Strukturen in die Pflicht, die professionelles Träumen nicht beibringen. Die Voraussetzungen werden in der Bildung nicht geschaffen. Zweitens: Wenn du faul bist, dann kann ich dir nicht helfen. Da herrscht heute schon auch ein falsches Bild bei den jungen Menschen. Aber heutzutage kannst du aus jedem Hobby ein Geschäftsmodell entwickeln. Ich sage nicht, dass die jungen Leute makellos sind. Wir haben Schwächen. Ein Nebeneffekt der Digitalisierung ist, dass wir alles sofort bekommen. Um einen Traum aufzubauen, dafür braucht man Geduld und Arbeitsethik.

STANDARD: Mit einem Wort: viel altmodische Disziplin?

Koch: Auf jeden Fall. (Regina Bruckner 29.10.2019)