Bild nicht mehr verfügbar.

Mike Mohring (CDU) und Bodo Ramelow (Linke) beschnuppern einander.

Foto: dpa / Martin Schutt

Als Mike Mohring am Montagmorgen in der Berliner CDU-Zentrale ankommt, ist ihm der Frust immer noch anzusehen. 11,7 Punkte hat seine Partei am Sonntag in Thüringen verloren, und das ist aus Sicht der CDU nicht der einzige Schrecken dieser Landtagswahl.

Da Linke und AfD beide so stark geworden sind, ist es erstmals in einem deutschen Bundesland nicht mehr möglich, eine Koalition gegen links und rechts zu bilden. Eigentlich hätte Mohring eine solche schmieden wollen, auch ein Name stand schon fest: Simbabwe-Koalition. Darin hätten sich – gemäß den Farben der Flagge, Schwarz, Rot, Grün und Gelb – die CDU, die SPD, die Grünen und die FDP finden sollen. Doch es reicht rechnerisch nicht.

Immerhin über eines kann sich Mohring freuen: Die rot-rot-grüne Landesregierung von Deutschlands erstem Ministerpräsidenten der Linkspartei, Bodo Ramelow, hat keine Mehrheit mehr. "Die schlechteste aller Lösungen ist, wenn eine abgewählte Regierung geschäftsführend im Amt bleibt", sagt Mohring, und dieser Satz leitet eine gewisse Kehrtwende ein.

Denn er erklärt auch, er schließe "keine Gespräche mit denen aus, die auf dem Boden der Verfassung in Thüringen stehen und das Land gemeinsam voranbringen wollen". Mohring ist also zum Gespräch mit den Linken bereit. Aber eben nur zu Gesprächen. Eine Koalition schließt die Thüringer CDU nach den Sitzungen des Landespräsidiums und des Vorstands aus.

Beschluss der Bundes-CDU

Mittelstandschef Carsten Linnemann hatte bereits zuvor kritisiert: "Wir müssen endlich Haltung zeigen statt Beliebigkeit und davon schwadronieren, dass wir jetzt mit den Linken reden."

Im Dezember 2018 hatte der CDU-Bundesparteitag beschlossen, "Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit"sowohl mit der Linkspartei als auch mit der AfD abzulehnen. Mohring gab sich in der Bundeszentrale aber selbstbewusst: "Ich brauche ja nicht Berlin für die Frage, wie wir in Thüringen künftig Verantwortung für das Land übernehmen können."

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer räumte am Montag ein, für die Wahl in Thüringen habe es "keinen Rückenwind aus Berlin" gegeben. Sie sprach auch von "Unruhe in der Partei" und bestätigte, dass der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, in der Vorstandssitzung die Führungsfrage gestellt habe.

Führungsfrage in der CDU

Sie aber bleibe dabei: Über die Kanzlerkandidatur werde erst 2020 entschieden. Die schwierige Lage der CDU erfordere ein Höchstmaß an Verantwortung. "Ich bin dieser Verantwortung bisher gerecht geworden", so Kramp-Karrenbauer. Wer meine, die Führungsfrage müsse früher entschieden werden, "der hat auf dem Bundesparteitag die Gelegenheit dazu". Ende November trifft sich die CDU in Leipzig, reguläre Vorstandswahlen stehen nicht an.

Kritik an ihrer Führung musste sich "AKK" auch von ihrem Widersacher Friedrich Merz anhören. Er hatte nach der Thüringen-Wahl getwittert: Die zweistelligen Verluste könne "die CDU nicht mehr ignorieren oder einfach aussitzen".

Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte, er habe Sorge, dass "hier alles weitergeht wie bisher". Er sagte auch: "Nur wenn man die Sachen klar beim Namen benennt und bereit ist, auch Konsequenzen zu ziehen, kann es hier einen Aufwärtsschub geben." Was genau damit gemeint ist, blieb offen.

Weitere Koalitionsmöglichkeit

Es gäbe in Thüringen allerdings noch eine weitere Koalitionsmöglichkeit: ein Bündnis aus Linken, Grünen, FDP und SPD. Ramelow will mit allen Parteien reden, die FDP hat aber schon abgewinkt. "Wir werden mit Herrn Ramelow nicht über ein Bündnis sprechen. Auch eine Tolerierung oder andere Unterstützung sehe ich nicht", sagt FDP-Landeschef Thomas Kemmerich. Die FDP hat die Fünf-Prozent-Hürde nur ganz knapp genommen. Laut Landeswahlleiter lag sie fünf Stimmen drüber.

In einem anderen Bündnis sieht der Vizefraktionschef der Thüringer CDU, Michael Heym, die FDP: nämlich in einem mit CDU und AfD – für AfD und CDU allein reicht es nicht: Heym sagt mit Blick auf die AfD: "Man tut der Demokratie keinen Gefallen, wenn man ein Viertel der Wählerschaft verprellt. Rechnerisch reicht es für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP. Ich finde, das sollte man nicht von vornherein ausschließen." Allerdings ist dies eine Mindermeinung in der CDU. (Birgit Baumann, 28.10.2019)