"Es geht darum, einen ganzheitlichen Blick auf die Stahlproduktion mit der Prozesskette aus Hochofen, Stahlwerk und nachgelagertem Kraftwerk, in dem noch brennbare Komponenten in den Abgasen in Elektrizität umgewandelt werden, zu werfen", skizziert Derntl seine Forschungsfrage.

Foto: K1-Met

Der CO2-Ausstoß in der Stahlindustrie ist enorm, klimaschonende Verfahren wie eine wasserstoffbasierte Herstellung sind noch in der Entwicklungsphase. Ähnlich sieht es in der Zementherstellung aus Kalk aus, bei der große Mengen des darin gebundenen CO2 frei werden. Alternativen konnten sich hier noch kaum durchsetzen.

Eine große Hoffnung in diesen und ähnlichen Bereichen liegt daher in Abscheideverfahren, die das Kohlendioxid direkt in den Industrieschloten abfangen können. Der Vorteil liegt auf der Hand: Bestehende Anlagen können weiter genutzt und lange optimierte Prozesse beibehalten werden. Zwar ist ein zusätzlicher Energieeintrag nötig, aber die Emissionen gehen zurück.

Im metallurgischen Kompetenzzentrum K1-Met in Linz beschäftigt sich Michael Derntl mit jenen Technologien, die eine Abtrennung und weitere Nutzung von CO2 aus den Abgasen der Stahlproduktion ermöglichen.

"Es geht darum, einen ganzheitlichen Blick auf die Stahlproduktion mit der Prozesskette aus Hochofen, Stahlwerk und nachgelagertem Kraftwerk, in dem noch brennbare Komponenten in den Abgasen in Elektrizität umgewandelt werden, zu werfen. Die Frage ist: Wo ist es am sinnvollsten, CO2 abzuscheiden, um daraus Wertstoffe herzustellen?", skizziert Derntl seine Forschungsfrage.

Eine Reihe von Technologien steht zur Verfügung. Kaum eine wurde im industriellen Maßstab aber tatsächlich erprobt.

Nutzung von Kohlendioxid

Welche Wertstoffe könnte man gewinnen? Neben dem bereits länger diskutierten Konzept des Carbon capture and storage (CCS), das vorsieht, dass man abgeschiedenes Kohlendioxid langfristig, etwa in geologischen Formationen, speichert, sieht Carbon capture and utilization (CCU) eine weitere Verarbeitung und Nutzung des Kohlendioxids vor.

Derntl denkt etwa an die Herstellung von Methan aus CO2 und Wasserstoff, das dann als sogenanntes Substitute natural gas (SNG) wie Erdgas verwendbar wäre. "Der Knackpunkt ist die Bereitstellung von Wasserstoff, der bisher selbst aus Erdgas gewonnen wurde. Das müsste nun durch Elektrolyse aus Wasser kommen – mittels Elektrizität aus erneuerbaren Energien."

Für den Verfahrenstechniker, der an der TU Graz studiert hat, geht es nun am K1-Met, das im Rahmen des Comet-Programms von der Förderagentur FFG unterstützt wird, darum, Basisarbeit zu leisten und die Möglichkeiten für Forschungsprojekte zu verdichten.

Seine Tätigkeiten reichen von der Bewertung der Einsparungspotenziale durch Prozesssimulationen über das Auswählen geeigneter Technologien bis zum Schreiben von Förderanträgen.

Am Studium der Verfahrenstechnik gefiel dem 1986 geborenen Forscher die Vielseitigkeit: "Es ist ein interdisziplinäres Studium und besteht aus Mathematik, Chemie, Maschinenbau. Man ist breit aufgestellt und kann – von der Stahl- über die Auto- bis zur Bierproduktion – überall tätig sein."

Nach der Dissertation, die er über die Abgasbehandlung bei Verbrennungsmotoren geschrieben hat, zog es Derntl zurück in seine Geburtsstadt Linz. Dort wartete nicht nur seine Partnerin, sondern auch seine Musikkapelle. Derntl: "Ich habe auch privat gerne Metall in der Hand und bin leidenschaftlicher Tuba- und Klarinettenspieler." (Alois Pumhösel, 4.11.2019)