Auch das ist Übergangsregierung: Brigitte Bierlein als Kanzlerin beim Länderspiel Österreich gegen Israel im Ernst-Happel-Stadion.

Foto: der Plankenauer

Aufgrund der langwierigen Sondierungsverhandlungen und der möglicherweise komplizierten Koalitionsverhandlungen wird die Expertenregierung von Kanzlerin Brigitte Bierlein wohl noch etwas länger im Amt bleiben. Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher dürfte das – zumindest vorerst – nicht stören. Die Befragten im letzten APA/OGM-Vertrauensindex sprechen der Kanzlerin das größte Vertrauen unter den Bundespolitikerinnen und -politikern aus. Außerdem zeigt die ORF-Wahltagsbefragung zur Nationalratswahl 2019, dass sich die Arbeit der gesamten Regierung Bierlein großer Beliebtheit erfreut: Fast zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) sind mit der aktuellen Regierung zufrieden.

In der Wahltagsbefragung erweist sich die derzeitige Regierung vor allem bei Grün-, SPÖ- und Neos-Wählerinnen und -Wählern und somit bei jenen, deren Parteien nicht an der vorhergehenden türkis-blauen Regierungskoalition beteiligt waren, als besonders beliebt. Grün-Wählerinnen und -Wähler zeigen sich zu 81 Prozent sehr oder eher zufrieden, gefolgt von 78 Prozent der SPÖ-Wählerinnen und -Wähler und 75 Prozent der Neos-Wählerinnen und -Wähler. All diese Werte liegen mit mehr als zehn Prozentpunkten über den durchschnittlichen Zufriedenheitswerten aller Befragten. Insbesondere von den befragten SPÖ-Wählerinnen und -Wählern wird das Kabinett Bierlein mit 21 Prozent, die sich mit der Arbeit der Regierung sehr zufrieden zeigen, und lediglich drei Prozent, die gar nicht zufrieden sind, äußerst positiv wahrgenommen.

Anders gestaltet sich dies bei den ÖVP- und FPÖ-Wählerinnen und -Wählern: Zwar sind die ÖVP-Wählerinnen und -Wähler zu 67 Prozent mit der Arbeit der Expertenregierung zufrieden, jedoch zeigen sich ein Viertel von ihnen weniger oder gar nicht zufrieden mit dieser. Die befragten FPÖ-Wählerinnen und -Wähler sehen die aktuelle Regierung noch weitaus kritischer: Lediglich 31 Prozent sind mit ihrer Arbeit zufrieden. Von diesen sind sogar lediglich vier Prozent sehr zufrieden. Die negative Wahrnehmung spiegelt sich auch in der explizit ausgedrückten Unzufriedenheit wider: 63 Prozent und somit fast zwei Drittel der befragten FPÖ-Wählerinnen und -Wähler geben an, mit der Arbeit der aktuellen Regierung eher nicht oder gar nicht zufrieden zu sein. Mehr als ein Viertel (28 Prozent) sind damit sogar gar nicht zufrieden. In der negativeren Bewertung der Übergangsregierung durch die Wählerinnen und Wähler der zuvor in der türkis-blauen Regierung vertretenen Parteien mag auch ein gewisser Unmut über das vorzeitige Regierungsende zum Ausdruck kommen.

Die – abgesehen von den FPÖ-Wählerinnen und -Wählern – hohe wählerübergreifende Beliebtheit könnte als erster Hinweis darauf gedeutet werden, dass die sogenannte Expertenregierung bisher durchaus erfolgreich ist. Es scheint ihr vorerst gelungen zu sein, Stabilität zu symbolisieren, einen ersten Beitrag zur Wiederherstellung des Vertrauens in das politische System zu leisten und den politischen Status quo zu verwalten. Allerdings kann sich die Wahrnehmung der Arbeit einer Regierung auch rasch ändern: Je länger also die Koalitionsverhandlungen dauern und die Expertenregierung im Amt sein wird, umso lauter könnten Rufe nach aktiver Politikgestaltung und umfassenden Gesetzesinitiativen werden, die sich bei Nichterfüllung auch in negativeren Umfragewerten für die Regierung niederschlagen könnten. Für solche Initiativen müsste die Regierung Bierlein jedoch zuerst Mehrheiten im Nationalrat finden. (Andrea Tony Hermann, 29.10.2019)