Ho, ho, ho! Auch Weihnachtsmänner demonstrieren mitunter gegen den Brexit. Doch der soll nach Neuwahlen kurz vor Weihnachten Anfang 2020 doch Wirklichkeit werden (Bild vom Dezember 2018).

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Das britische Unterhaus wird im Advent neu gewählt. Nachdem die Labour-Opposition ihren Widerstand gegen das Vorhaben des konservativen Premiers Boris Johnson aufgegeben hatte, erhielt das entsprechende Gesetz am Dienstag Abend die Zustimmung einer klaren Mehrheit der Abgeordneten. Wahltermin ist demnach Donnerstag, der 12. Dezember. Es gehe darum, die Pattsituation im Unterhaus zu beheben, sagte der Regierungschef: "Und dann müssen wir den Brexit bewerkstelligen."

Der Premier konnte seinen Wunschtermin schließlich durchsetzen: Mit 315 zu 295 Stimmen wurde ein Abänderungsvorschlag der Opposition, die Wahlen auf den 9. Dezember vorzuziehen, abgeschmettert. Die eigentliche Entscheidung für die Neuwahl war dann eine klare Angelegenheit: 438 Volksvertreterinnen und Volksvertreter sprachen sich dafür aus, nur 20 dagegen.

Erst am Montagabend war Johnson mit seinem dritten Anlauf gescheitert, eine vorgezogene Neuwahl nach dem geltenden Recht durchzusetzen. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit der 650 Abgeordneten (434), weshalb das Abstimmungsergebnis von 299 zu 70 irrelevant blieb. Ironischerweise wurde diese Zahl bei der Abstimmung am Dienstag, als sie nicht mehr gebraucht wurde, erreicht.

Die Oppositionsfraktionen begründeten ihre Ablehnung oder Enthaltung mit der Tatsache, dass britischer Gepflogenheit zufolge der Regierungschef den Wahltermin nach Auflösung des Parlaments noch hätte ändern können. "Diesem Premierminister kann man nicht trauen", argumentierte Labour-Chef Jeremy Corbyn.

Nur Termin festgelegt

Das neue Gesetz legt hingegen ausdrücklich nur den neuen Wahltermin fest. Sollte es wie geplant noch in dieser Woche sämtliche parlamentarischen Hürden passieren sowie die symbolische Einwilligung von Queen Elizabeth II erhalten, wäre der Termin in Stein gemeißelt. Seit Jahrzehnten gehen die Briten an einem Donnerstag an die Urne, weshalb dem Terminvorschlag der Regierung eine gewisse Logik innewohnt.

Hingegen wollten die Liberaldemokraten und die schottische Nationalpartei SNP bereits am Montag, 9. Dezember, zur Abstimmung rufen. Labour machte sich diesen Vorschlag zueigen. Zur Begründung nannten die kleineren Oppositionsfraktionen, die gemeinsam 54 Mandate haben, ihre Befürchtung, Johnson wolle das EU-Austrittspaket doch noch vor der Wahl durchs Unterhaus peitschen. Davon könne keine Rede sein, sagte ein Sprecher der Downing Street. Der entsprechende Änderungsantrag wurde mit 315.295 Stimmen abgelehnt.

Die Einwände der Labour Party bezogen sich hingegen auf zwei Faktoren: Zum einen könnte die dunkle Jahreszeit die Wahlbeteiligung beeinträchtigen, was traditionell der Arbeiterpartei stärker schadet als den Tories. Da ältere Menschen, die überproportional oft ihr Kreuz bei den Tories machen, in der Dunkelheit seltener ausgehen, könnte dieser Nachteil ohnehin ausgeglichen werden. Zum anderen machen sich Labour-Aktivisten Sorgen darüber, ob Studenten kurz vor Weihnachten der Wahl genug Aufmerksamkeit schenken.

Zweifel an Zugpferd Corbyn

Bei Labour gibt es weiter quälende Zweifel an der Person und der Strategie des Parteivorsitzenden. Corbyns Zustimmungswerte liegen Umfragen zufolge so niedrig wie bei keinem Oppositionsführer seit Labours Michael Foot, der die Wahl 1983 gegen die damalige Premierministerin Margaret Thatcher haushoch verlor. Auch mangelt es der Brexit-Position der Partei an Klarheit. Während der Chef selbst sowie sein engstes Führungsteam EU-Skeptiker sind, wünschen sich drei Viertel der Mitglieder sowie große Teile der Fraktion den EU-Verbleib.

Auch viele Tories sehen dem Herbstwahlkampf mit gemischten Gefühlen entgegen. Zwar liegt ihre Partei im Durchschnitt der Umfragen um mindestens zehn Punkte vor Labour. Doch gelten diese Meinungsbilder zufolge als wenig aussagekräftig, weil die Wählerschaft rascher als früher ihre Meinung ändert.

Die anderen EU-Staaten haben derweilen die Verschiebung des Brexit bis Ende Jänner endgültig beschlossen. Die 27 Regierungen hätten die am Montag grundsätzlich entschiedene Verlängerung nun "formal angenommen", schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstag auf Twitter. "Es könnte die letzte sein", ergänzte er und forderte die Briten auf, "das Beste aus dieser Zeit" zu machen. (Sebastian Borger aus London, red, 30.10.2019)