Umgebaut und ausgebaut: seit März wird das Studentenheim wieder bewohnt, vor wenigen Tagen fand die offizielle Eröffnung statt.

Foto: OEJAB

Einzelzimmer sind bei Studierenden heute das Nonplusultra.

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Niederösterreich 1 lautet der Name des Hauses, es befindet sich aber in Wiens zweitem Bezirk. Die Österreichische Jungarbeiter bewegung (ÖJAB), die das Studentenheim in der Leopoldstadt betreibt, hat es generalsanieren und um ein Stockwerk erweitern lassen. Vor einigen Tagen fand die offizielle Wiedereröffnung statt. Die inoffiziellen Feierlichkeiten der Studierenden haben im Anschluss bis in die Morgenstunden gedauert.

Feiern lässt es sich also weiterhin gut im runderneuerten Studentenheim. Geändert hat sich im Studentenleben im Vergleich zu früher trotzdem einiges: Viele Studierende müssen heute in Mindeststudienzeit studieren und nebenbei arbeiten, erzählt Harald Pöckl, stellvertretender ÖJAB-Geschäftsführer. "Die Partys sind zurückgegangen." Das sei einerseits gut, weil es weniger Probleme mit den Nachbarn gebe. Andererseits fehle oft das Zwischenmenschliche.

Daher war wichtig, dass es weiterhin in jedem Stockwerk eine große Gemeinschaftsküche gibt, auch wenn viele Zimmer eine eigene Kochnische haben. "Das bringt Leben ins Haus", sagt Heimleiterin Tijana Maksimovic.

Hotel statt Studentenheim

Doppel- oder sogar Dreibettzimmer sind heute allerdings nicht mehr gefragt: Im unter der Ägide von B18 Architekten ZT GmbH umgebauten Studentenheim sind zwei Drittel der 256 Einheiten Einzelzimmer. So wollen es die Studierenden. Pöckl führt das auf schrumpfende Familien zurück: Junge Menschen seien nicht mehr daran gewöhnt, sich beim Aufwachsen ihr Zimmer zu teilen. Darum wollen sich nicht einmal Geschwister, die sich beim Studentenheim anmelden, noch ein Zimmer teilen.

In Wien boomen derzeit überwiegend hochpreisige Studentenheime, in denen es Mikroapartments um monatlich 500 Euro aufwärts gibt. Die Konkurrenz merkt Pöckl nicht. "In Wien sind wir überall ausgelastet", sagt er. Im Haus Nieder österreich kommt ein Doppelzimmer auf 319 Euro.

Im Sommer wird sich das Studentenheim in das My-Next-Hotel Leo verwandeln. Nur die oberen drei Stockwerke sind dann Studierenden vorbehalten, die im Sommer in Wien bleiben. Ab Februar bzw. März können die Zimmer gebucht werden. Mit dem erstmaligen Hotelbetrieb im vergangenen Sommer zeigt man sich bei der ÖJAB, die das Hotel über eine Tochtergesellschaft betreibt, zufrieden.

Platz für Coworking

Neu ist auch ein Coworkingangebot im Haus. Das Unternehmen Andy’s.cc hat sich in einem Raum eingemietet und bietet nicht nur Bewohnern – derzeit in der Testphase gratis –, sondern auch externen Coworkern Platz an. "Viele Studierende machen sich selbstständig", sagt Pöckl. "Das ist aus dem Studentenheimzimmer schwierig."

Das in den 1970ern erbaute Haus Niederösterreich wurde für den Umbau komplett entkernt. Herausfordernd waren laut Christian Krakora von B18 Architekten die Auflagen der Behörden an das alte Gebäude. Ein zweites Stiegenhaus wurde notwendig, dafür wurde das bestehende in der Mitte geteilt. Beim Dachgeschoßausbau gab es nachbarschaftliche Einsprüche, die Statikunterlagen zum Stahlbetonbau waren unauffindbar. "Und durch die Außenfassade konnte man mit der Hand durchgreifen, so löchrig war sie", sagt Krakora. Dabei lief die Zeit: In 14 Monaten musste das Gebäude fertig sein, damit die Studierenden wieder einziehen konnten. Der Umbau wurde durch die Wiener Wohn bauförderung und ein Kapitalmarktdarlehen finanziert.

Auf der Straße gelandet ist wegen der zwischenzeitlichen Schließung niemand, Plätze in anderen ÖJAB-Häusern wurden angeboten. Einige der vorübergehend ausquartierten Bewohner sind wieder eingezogen. Nun liegt es an ihnen, die noch steril anmutenden Räume mit Leben zu füllen. Die Wände im Partyraum waren früher mit Graffiti verziert. Nun sind sie weiß. Das wird sich ändern, ist Harald Plöck überzeugt. "Aber alles geben wir auch nicht vor." (Franziska Zoidl, 8.11.2019)