Bei der Wiener Urania kam es Ende Mai zu einer Sitzblockade von Klimaaktivisten.

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Ende Mai hielt der deutsche Buchautor und Aktivist Anselm Schindler einen Vortrag über die ökologische Krise im Nahen Osten und Chancen im kurdischen Gebiet Rojava. Im Zuge dessen erfuhr er von der Klimademonstration, die tags darauf in Wien stattfinden sollte. Also beschloss er, diese zu besuchen.

Dort ereignete sich dann jedoch eine Szene, die für große Irritation sorgte: Im Zuge einer Straßenblockade von Klimaaktivisten bei der Urania kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch Schindler, der sich, wie er später betonte, lediglich als Beobachter in der Nähe der Ereignisse aufgehalten habe, kam dabei in Kontakt mit der Polizei.

Nach einer verbalen Auseinandersetzung wurde er von Beamten auf dem Boden fixiert und schließlich unter einen Polizeibus gezerrt. Dort lag er mit dem Kopf knapp vor dem Reifen des Busses, dessen Motor währenddessen lief. Als der Fahrer den Bus in Bewegung brachte, wurde Schindler erst in letzter Sekunde unter dem anfahrenden Bus weggerissen. Das alles wurde auf Video dokumentiert und sorgte auch in der Politik für Aufregung – eine genaue Untersuchung wurde gefordert. Nach dem Vorfall wurde Schindler festgenommen und durfte erst am nächsten Tag das Polizeianhaltezentrum verlassen.

Maßnahmenbeschwerde erhoben

Schindler wird diese Woche nun nach Wien kommen, um sich im Rahmen einer Verhandlung erneut mit dem Zwischenfall auseinanderzusetzen. Weil er sich von der Polizei ungerecht behandelt fühlt, hat er eine Maßnahmenbeschwerde an das Wiener Verwaltungsgericht erhoben. In der Beschwerde werden mehrere Punkte beanstandet: Erstens sei die Festnahme zu Unrecht erfolgt. "Mein Mandant hat sich nicht aggressiv verhalten", sagt Rechtsanwalt Clemens Lahner. Außerdem sei unverhältnismäßige Körperkraft angewandt worden, für die es keinen Grund gegeben habe.

Nachdem Schindler zu Fall gebracht und mit dem Kopf direkt vor dem Busreifen fixiert wurde, ließ der Fahrer das Folgetonhorn ertönen und fuhr los. Dabei bewegte sich der Bus direkt auf Schindlers Gesicht zu. "In dem Moment dachte ich, jetzt ist es vorbei. Ich hatte große Angst und dachte, mein Leben sei in Gefahr", sagt er. Dass er extreme Panik und Lebensgefahr verspürte, wird auch in der Beschwerde festgehalten.

Zweitens, so Lahner, hätte Schindler nicht so lange angehalten werden dürfen: "Es war auch nicht notwendig, Herrn Schindler im Arrestantenwagen, der ohnehin abgesperrt und zeitweise sogar abgedunkelt war, in Handfesseln zu belassen", sagt Lahner. Außerdem sei es Schindler bis zu seiner Entlassung verwehrt worden, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Die Wiener Polizei wollte zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen.

Erst kürzlich wurde in einem anderen Fall entschieden, dass ein DNA-Abstrich, den die Polizei bei einem Aktivisten vornahm, rechtswidrig gewesen sei. Derselbe junge Mann wurde zuvor auch vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt freigesprochen.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft führt im Zusammenhang mit der Klimademo außerdem Ermittlungsverfahren gegen mittlerweile sieben involvierte Beamte, wie eine Sprecherin dem STANDARD mitteilt. Überwiegend wird wegen des Verdachts auf Körperverletzung ermittelt.

In Schindlers Fall wird gegen drei Beamte ermittelt, es steht der Verdacht der Gefährdung der körperlichen Sicherheit im Raum. Teilweise seien bereits Abschlussberichte eingelangt, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Man müsse sich die Erhebungsergebnisse aber noch genauer anschauen. (Vanessa Gaigg, 5.11.2019)