Facebooks Pläne für die digitale Währung Libra erfordern eine europäische Antwort. Der deutsche Privatbankenverband fordert eine Digitalversion der europäischen Gemeinschaftswährung.

Als Bitcoin mit seinem rasanten Kursanstieg – und danach mit den drastischen Korrekturen – für Schlagzeilen gesorgt hat, galten Kryptowährungen noch als Nischenphänomen. Doch spätestens mit dem Plan von Facebook, mit Libra eine eigene digitale Währung zu erschaffen, hat sich das geändert.

Notenbanken und Finanzaufseher auf der ganzen Welt sind aufgewacht und sehen Projekten wie Libra besorgt entgegen. Denn bisher dürfen nur souveräne Staaten Währungen ausgeben. Facebook hingegen ist aber ein Privatunternehmen. Würden alle 2,4 Milliarden Facebook-Nutzer Libra verwenden, könnte die Digitalwährung ein starker Player im Geldsystem werden. Daher wurde bereits viel Kritik an Libra geübt und betont, dass das Facebook-Geld den höchsten AufsichtsStandards standhalten muss.

Weckruf

Die Debatte um Libra hat aber zu einem Weckruf geführt. Europa muss schnell die Vorbereitungen für einen digitalen Euro einleiten. So lautet die Einschätzung des deutschen Privatbankenverbands BdB. "Wir brauchen eine europäische Lösung", sagt BdB-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid. Digitales Geld muss sich laut BdB in die staatliche Ordnung einfügen. "Alles andere würde im Ergebnis auf Chaos und Instabilität hinauslaufen", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Thesenpapier des BdB.

Wer schützt die Einlagen?

Programmierbares Digitalgeld wurde darin als "Innovation mit bedeutendem Potenzial" eingestuft. Es müsse eine europaweite Zahlungsverkehrsplattform geschaffen werden. Wichtig dabei sei, dass die Identität eines Nutzers des digitalen Euro immer eindeutig zugeordnet werden könne. Hierfür sei ein europäischer oder – noch besser – ein globaler Identitäts-Standard notwendig. Es brauche auch ein geeignetes Datenschutzkonzept. Die aktuelle Einlagensicherung sollte auch bei digitalem Geld der Maßstab sein. "Auf jeden Fall müssen Kunden durch die jeweiligen Anbieter klar und nachweisbar informiert werden, wenn ein Einlagenschutz nicht besteht", heißt es in dem BdB-Papier.

Der Gesetzgeber müsse im Wettbewerbsrecht die nötigen Voraussetzungen schaffen, um pan-europäische Lösungen im Zahlungsverkehr möglich zu machen.

Es gehöre hier in jedem Fall von staatlicher Seite reagiert, denn "eine private Währung wie Libra wäre mit enormen Risiken verbunden, die in keiner Weise hinnehmbar sind", hatte BdB-Präsident Hans-Walter Peters am Rande der IWF-Tagung in Washington bereits betont. Deswegen soll die EZB einen digitalen Euro in Umlauf bringen.

Prüfung in der Schweiz

Fakt ist, dass sich Notenbanken schon länger mit dem Phänomen der Kryptowährungen und der dahinter stehenden Blockchain-Technologie beschäftigen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) etwa prüft aktuell den Einsatz von digitalem Zentralbankgeld für die Geschäftstätigkeit von Banken untereinander. In einer Kooperation mit der Schweizer Börse Six wird aktuell geprüft, ob und in welchem Umfang digitales Zentralbankgeld in neue dezentrale Systeme integriert werden könne. Die Idee dahinter ist, dass der Transfer von Vermögenswerten vereinfacht wird. Ein digitaler Franken für Konsumenten birgt laut SNB-Präsident Thomas Jordan jedoch zu große Risiken.

Das Projekt der SNB ist Teil eines Innovationszentrums, das die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in einigen Finanzzentren der Welt betreibt. Die Ergebnisse sind daher relevant für alle Zentralbanken. Die Bank of England hingegen bastelt mit dem RS Coin an der Idee einer digitalen Reservewährung.

Eine europäische bzw. internationale Lösung für ein Digitalgeld könnte auch Banken helfen. Sie stehen seit längerem in der Kritik, weil Überweisungen ins Ausland teuer sind und lange dauern. Projekte wie Libra bringen hier möglicherweise den nötigen Reformdruck.

Druck aus China

Angefacht wird die Debatte um digitales Zentralbankgeld auch von China. Die Abgeordneten im Parlament hatten zu Wochenbeginn den Weg frei gemacht für die eigene Kryptowährung DCEP (Digital Currency Electronic Payment). Ein diesbezügliches Gesetz wurde abgesegnet und soll mit 1. Jänner in Kraft treten. Chinas Notenbank plant, die neue Währung unter anderem über Zahlungsplattformen des chinesischen Amazon-Rivalen Alibaba sowie des ebenfalls lokalen Internetgiganten Tencent (soziales Netzwerk, Messenger, Handel et cetera) zu verbreiten. (Bettina Pfluger, 31.10.2019)