Es darf angenommen werden, dass nicht nur gelacht wurde: Am Donnerstag haben sich die Koalitionsverhandler – pardon: Sondierer – von ÖVP und Grünen auch heiklen Themen gewidmet.

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Wien – Die Sondierungsgespräche dauern, das lässt sich auch am Auftritt der Verhandlungspartner ablesen. Reichte für das Statement vor den Medien im zugigen Entrée des Winterpalais des Prinzen Eugen vor drei Wochen noch spätsommerliche Adjustierung, tauchte das ÖVP-Team um Sebastian Kurz diesen Donnerstagmorgen mit aufgestellten Mantelkrägen auf. Der Grüne Werner Kogler, nach wie vor locker bekleidet, witzelte: Das nächste Mal solle es die vorgezogenen Neuwahlen im Frühling oder Sommer geben – da sei es wärmer.

Doch erstmals seit Start der Unterredungen lässt sich nicht nur von Atmosphärischem berichten. Nach dem vormittäglichen Gesprächsblock nannte das türkis-grüne Duo in gewohnt synchronisierter Manier fünf Themen, um die – wenn es denn so weit kommt – ein Koalitionspakt geschmiedet werden könnte.

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Fünf Herausforderungen

Erstens gelte es, die drohende Wirtschaftsflaute so zu bekämpfen, dass weder Armut noch Arbeitslosigkeit ansteigen. Zweitens brauche es, wie Kogler betonte, "echten" Klimaschutz, und zwar national und auf europäischer Ebene. Drittens – und da war Kurz ausführlicher – sei die "illegale Migration" nach wie vor ein großes Problem. Viertens müsse das Bildungssystem so aufgestellt werden, dass jeder künftige Erwachsene seinen Beitrag in der Arbeitswelt leisten könne. Fünftens sollen die Erfahrungen aus dem Ibiza-Skandal in mehr Transparenz in der Politik münden.

Beide Seiten hätten "wechselseitig" anerkannt, dass es da Herausforderungen gibt, erläuterte Kogler, das gelte auch für die Grünen beim Reizthema Migration: Nun sei es die Kunst, "Überbrückungen" für zweifellos bestehende Differenzen zu finden. Ob derartige Kompromisse bereits in Sicht sind? "Wir mussten uns heute ja noch nicht annähern", erwiderte der Grüne. "Und wenn es welche gäbe, würde ich es auch nicht sagen."

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Drei weitere Sondierungsgespräche sind noch bis zum 8. November geplant. Bis dahin wollen die Verhandler die Chancen auszuloten, ob ein Koalitionspakt überhaupt realistisch ist. Gemeinsamkeiten werden abgehakt, Streitpunkte von allen Seiten beleuchtet: Wie könnte man einander entgegenkommen? Welche Lösungen könnten die Schmerzen für die eine oder andere Partei mindern?

Am Ende der Sondierungen wird die ÖVP entscheiden, mit welcher Partei sie Regierungsverhandlungen, bei denen es dann um konkrete Vorhaben, heikle Details und am Ende auch um die Ministerliste geht, starten will. Schon jetzt deuten die Zeichen aber daraufhin, dass die Wahl auf die Grünen fallen wird. Es liegt in der Folge an Werner Kogler und seinem Team, den Versuch zu wagen.

Fazit von Kurz am Abend nach den Gesprächen: "Es war ein guter Tag. Am Sonntag geht's weiter." (jo, 31.10.2019)