Das Künstlerhaus bietet seit den 1970er-Jahren neben der bildenden Kunst auch performativen Künsten Raum. Das könnte sich nun ändern.

Foto: Wolfgang Silveri

Ein Verbleib des Brut-Theaters im Wiener Künstlerhaus am Karlsplatz spießt sich offenbar an einer unerwarteten Steigerung der Sanierungskosten. Das erklärt das Theater in einem Offenen Brief, der dem STANDARD vorab zugesendet wurde. In dem von den Geschäftsführern Kira Kirsch und Richard Schweitzer unterzeichneten Schreiben wird erstmals ausführlich auf die "komplexe Lage", in der sich das Brut seit dem Einstieg von Investor Hans Peter Haselsteiner im Künstlerhaus befindet, eingegangen.

Zur Erinnerung: 2016 übernahm die Haselsteiner Familien-Privatstiftung 74 Prozent einer neu gegründeten Künstlerhaus Betriebs- und Besitzgesellschaft (KBBG), an der der bisherige Eigentümer, die Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler, nur noch 26 Prozent hält. Haselsteiner steckt in die Generalsanierung des Jahrhundertwendegebäudes mehr als 40 Millionen Euro. Das Ziel: Ein neuer Albertina-Standort, der großteils Werke der Sammlung Essl zeigen soll. Mit dem Besitzerwechsel des Hauses ändern sich allerdings auch die Nutzungsbedingungen für das eingemietete Brut.

Fünf statt zwei Millionen

Nicht nur im Inneren herrscht seither Gerangel um die Räumlichkeiten, auf dem Vorplatz des Brut ist etwa ein Gastgarten geplant. Für das Brut ist klar: "Das Künstlerhaus nach der Generalsanierung wird nicht mehr dem Künstlerhaus der vergangenen Jahrzehnte entsprechen". Zwar kämpfe man seit der Sanierung für einen Verbleib, wie es in dem Offenen Brief heißt, ob die neuen Bedingungen einen reibungslosen Theaterbetrieb erlauben werden, sei aber "bis dato nicht restlos geklärt".

Konkret spieße es sich an einer unerwarteten Kostensteigerung bei der vereinbarten Sanierung durch die Strabag: Zum Jahreswechsel 2018/19 sei das Brut mit der "Tatsache konfrontiert" worden, "dass aufgrund von Maßnahmen, die dazu dienen, den heutigen baurechtlichen Bestimmungen zu entsprechen, die Kosten von rund zwei Millionen Euro auf über fünf Millionen Euro gestiegen sind. Sind die ursprünglichen zwei Millionen Euro durch die Stadt Wien und Brut selbst finanziert, sind die neuen Sanierungskosten noch nicht gedeckt", so die Brut-Geschäftsführung.

Durch die "enorme Kostensteigerung von drei Millionen Euro" werde ein Verbleib des Brut "extrem erschwert". Der Eigentümer und Vermieter KBBG wolle für die zusätzlichen Kosten aber nicht aufkommen. Auf eine STANDARD-Anfrage zum Thema reagierte die KBBG bislang nicht.

"Aus dem laufenden Brut-Budget kann eine solche Summe unmöglich finanziert werden. Und generell muss bei einer Investition von fünf Millionen Euro in ein Mietobjekt, für dessen Bespielung optimale Bedingungen nicht garantiert sind, die Frage der Sinnhaftigkeit gestellt werden", heißt es vonseiten des Brut.

Augarten als Alternativstandort

In dem Offenen Brief bestätigt das Theater auch, dass es sich in Zusammenarbeit mit der Kulturabteilung der Stadt Wien um Alternativstandorte bemüht: Als Favorit schwebt den Geschäftsführern das vakante Areal des früheren TBA21 im Augarten vor. Als Austragungsort des im März 2019 erfolgten 30-Jahr-Jubiläum des Festivals Imagetanz habe sich das Areal bewährt. "Das Feedback von Künstler*innen, Publikum, Team und Presse war extrem positiv – man kann sagen, hier hat sich eine dem Künstlerhaus ebenbürtige Alternative eröffnet", heißt es in dem Offenen Brief.

Ein Entscheidungsprozess des Bundes über die endgültige Vergabe des Areals steht aktuell noch aus. Das Brut stellt klar: "Unser ernsthaftes Interesse ist deponiert und wir sind in laufenden Gesprächen". (Stefan Weiss, 2.11.2019)