Mit moderneren Maschinen und billigeren Mitarbeitern können Billigairlines wie Lauda die AUA leicht abhängen.

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Der AUA steht wieder ein Sparprogramm ins Haus. Auch verordnet die Mutter Lufthansa allen Töchtern Kreativität bei der Suche nach Erlösen. Fieberhaft gesucht werden Wachstumshormone als Antwort auf den Preisdruck durch Low-Cost-Airlines: fliegen ohne alles zum günstigen Preis.

Frage: Der AUA droht wieder ein Sparprogramm. 100 Millionen Euro sind einzusparen, zur Hälfte beim Personal. 500 Stellen wackeln, das sickerte im Vorfeld der Neunmonatszahlen durch. Offiziell bestätigt ist es noch nicht. Hat es nicht geheißen, die Airline sei saniert?

Antwort: Ja und nein. Der neue AUA-Chef Alexis von Hoensbroech übernahm im Sommer 2018 von seinem Vorgänger Kay Kratky eine "Airline im Steigflug". Die AUA hatte das beste Jahr ihrer Geschichte hinter sich, der Betriebsgewinn lag bei 101 Millionen Euro. Aber Ertragsperle war die AUA im Lufthansa-Reich nie. Die Schwester Swiss ist dreimal so ertragreich, die Mutter Lufthansa nicht weit davon entfernt. Jeden Stein dreimal umdrehen wollte Von Hoensbroch: "Die AUA ringt nicht mehr ums Überleben, sondern um die Zukunft."

Frage: Was ist seither geschehen, hat sich der Wind so stark gedreht?

Antwort: Ja, einige Voraussetzungen haben sich geändert, manche trafen auch andere Airlines wie gestiegene Kerosinpreise. Sie schlugen bei der AUA heuer zum Halbjahr mit über 30 Millionen Euro zu Buche. Hinzu kommen Kosten für Verspätungen, die im Vorjahr im zweistelligen Millionenbereich lagen. Gestiegen sind auch die Personalkosten, denn mehr als 1200 Mitarbeiter wurden in den vergangenen Jahren aufgenommen. Rund 7000 Mitarbeiter hatte die AUA im Sommer. Nun dürfte ihre Zahl wieder schrumpfen. Generell nahm der Wettbewerb durch Billigairlines in Wien dramatisch zu.

Frage: Ist der Markt am Flughafen Wien besonders umkämpft?

Antwort: Ja, nach der Niki-Pleite Ende 2017 wurde es in Wien plötzlich eng. Internationale Low-Cost-Carrier sahen die Chance, den relativ geringen Billigairlines-Anteil auszubauen. Die so entstandene Kapazität suchten Laudamotion, Level, Easyjet und Wizz aufzufüllen. "Die Pleiten führten zu enormen Überkapazitäten, die Preise fielen in den Keller, verursachten ein Blutbad", so beschreibt Wizzair-CEO József Váradi die Situation. Allen voran die ungarische Wizzair und die Ryanair-Tochter Laudamotion liefern sich einen Kampf um Marktanteile um jeden Preis, beide schickten mehr Maschinen als zunächst geplant zur Expansion nach Wien. Auf den hinteren Rängen haben sich andere wie Level bereits verkleinert, auch die AUA-Schwester Eurowings hat sich in Wien praktisch verflüchtigt.

Frage: Was sind die Folgen des Wettbewerbs?

Antwort: Bei Platzhirsch AUA zieht der Preiskampf auf Kurz- und Mittelstrecke längst Furchen. Im ersten Quartal 2019 flog die AUA einen operativen Verlust (Ebit) von 99 Millionen Euro ein – obwohl die Zahl der Passagiere um sieben Prozent auf 2,7 Millionen gestiegen ist. Im Kampf um Marktanteile hat auch die AUA mittlerweile 39-Euro-Tickets für manche Destinationen, die im Normalfall doppelt so viel kosten würden. Verdient wird hauptsächlich auf der Langstrecke. Selbst Ryanair, größter Billigflieger in Europa, räumte jüngst ein, in Wien höhere Verluste einzufliegen als gedacht. Der Wettbewerb in Wien ist also härter als erwartet. Die Billigkonkurrenz kostete die AUA im ersten Halbjahr einen zweistelligen Millionenbetrag, unterm Strich blieben 53 Millionen Verlust. Die Vorgabe, im Gesamtjahr knapp positiv zu sein, dürfte sich nicht ausgehen.

Frage: Kommt das Ausmaß des Sparprogramms überraschend?

Antwort: Unter Einrechnung aller Faktoren nicht. 30 Millionen wollte der AUA-Chef ursprünglich einsparen, jetzt werden 100 Millionen Euro kolportiert, zur Hälfte über "Maßnahmen bei Personal- und Sachkosten". Wiewohl nicht bestätigt, unwahrscheinlich klingt das nicht. Denn die Vorgabe aus Frankfurt ist klar: Ein Betriebsergebnis von zumindest 100 Millionen, eher 150, damit in die Tochter investiert wird.

Frage: Wie dringend braucht es Investitionen?

Antwort: Sehr dringend. Es steht die Verjüngung der Flotte an: 18 Dash-Turboprops werden in zwei Jahren durch zehn Airbus A320 ersetzt. Das kostet zunächst Geld, hilft aber langfristig. Denn neue, größere Flieger fassen mehr Passagiere, brauchen weniger Personal, Kerosin und Wartung. Veranschlagt waren weiters 15 Millionen für den Umbau von je sechs Boeing 767 und 777, um mehr "Premium-Economy"-Sitze (zwischen Business- und Economy-Class) anbieten zu können. Dazu kommen Produktionsausfälle, die Maschinen stehen während des Umbaus nicht zur Verfügung. Die Kunden zahlen dafür je nach Strecke zwischen 300 und 500 Euro mehr. Im ersten Jahr gibt die AUA die so erzielten Mehrerlöse mit 20 Millionen an (Standzeiten nicht eingerechnet).

Frage: Wie sollen die Erlöse steigen?

Antwort: Die Netzwerkairlines – Lufthansa, AUA und Swiss – müssen über Vertriebsinnovationen ihre Stückerlöse bis 2022 um drei Prozent erhöhen. Zusatzerlöse bringen sollen sogenannte Sitzplatzoptionen, neue Essensangebote, Nebenprodukte, Extras und eine dynamische Preisgestaltung. Sie sollen sich binnen drei Jahren von 585 auf rund 890 Millionen Euro fast verdoppeln. Der Koffer an Bord, der bei manchen Low-Cost-Carriern nur gegen Aufzahlung ins Gepäckfach darf – da wolle man nicht hin, heißt es. Ein Glas Wasser und ein Stück Gepäck gehören bei der AUA dazu.

Frage: Wie stehen dabei die Chancen der AUA?

Antwort: Nicht so schlecht. Was die Produktentwickler in Wien aushecken, setzt die AUA im Kranichreich oft als Erste um, etwa das "Smart-Upgrade" für Tickets. Auch den sogenannten Thron, einen Sitz gegen 135 Euro Aufpreis je Flug, um keine unmittelbaren Nachbarn zu haben, verkauft die AUA. Eine Neuerung kommt mit "Continous Pricing", das das dynamische Pricing (Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, Anm.) ergänzen wird. Die neue Software ist in Arbeit.

Frage: Ist die AUA das einzige Problemkind in der Lufthansa-Familie?

Antwort: Nein, keineswegs. Im Sommer schockte die Mutter Lufthansa die Mitarbeiter und Aktionäre mit einer Gewinnwarnung. Für Konzernchef Carsten Spohr war spätestens da sonnenklar, dass Handlungsbedarf besteht – auch um den Aktienkurs zu stimulieren, der im Sinkflug war. Im Sommer stellte die Lufthansa ein Maßnahmenpaket für die ganze Gruppe vor, besonders betroffen sind Eurowings und Brussels Airlines. Auch dort ist Stellenabbau geplant, hauptsächlich in der Verwaltung. (Regina Bruckner, 3.11.2019)