Der Abschuss einer amerikanischen "Global Hawk"-Drohne durch eine iranische Boden-Luft-Rakete am 20. Juli 2019.

Foto: APA / AFP / Atta kenare

Der religiöse Führer des Iran, Ali Khamenei, hat die 40. Wiederkehr des Tages der US-Botschaftsbesetzung in Teheran zum Anlass genommen, um sein Verbot von Gesprächen mit Washington zu erneuern. Nur so könne "Amerikas politische Infiltration" blockiert werden, sagte der 80-Jährige: Die USA – und ihre "bösartige, aggressive" Politik zur Etablierung einer "internationalen Diktatur" – hätten sich seit Jahrzehnten nicht geändert.

Für den Jahrestag wurde das ehemalige US-Botschaftsgebäude an der Ecke Taleghanistraße / Mofatteh Avenue, das am 4. November 1979 von iranischen Demonstranten überrannt wurde, mit aktuellen Graffiti ausgestattet. Da gibt es unter anderem den iranischen Abschuss einer US-Superdrohne über der Meerenge von Hormus im vergangenen Juni zu sehen oder ein US-Präsidentensiegel mit Davidstern. In der Botschaft selbst befindet sich heute ein Museum, das das damalige US-"Spionagenest" ausstellt. Die Besessenheit von diesem Thema ist größer denn je: In iranischen Gefängnissen sitzen etliche Doppelstaatsbürger, darunter zwei Österreicher, sowie ausländische Iran-Wissenschafter unter Spionageverdacht.

Antiamerikanismus

Der Antiamerikanismus gehörte schon zur Ausstattung des noch jungen revolutionären Iran und wurde später zum außenpolitischen Paradigma: Schon während der Proteste, die am 11. Februar 1979 zum Ende der Herrschaft des mit den USA verbündeten Schah Reza Pahlavi führten, war vor der US-Botschaft demonstriert worden. Am 14. Februar kam es zu einem ersten kurzen Sturm marxistischer Studenten auf die diplomatische Vertretung, die jedoch von Sicherheitskräften beendet wurde. Dieser Vorfall hatte immerhin dazu geführt, dass das Botschaftspersonal von etwa 1400 – eine Zahl, die die Bedeutung der Botschaft in der Region unterstreicht – bereits auf etwa 70 reduziert war, als sie am 4. November 1979 von islamistischen Studenten besetzt wurde.

52 Personen, 444 Tage

Sie nahmen damals 63 Amerikaner als Geiseln, die Zahl erhöhte sich auf 66, als drei weitere US-Diplomaten festgenommen wurden. Noch im November wurden alle Frauen und Afroamerikaner, insgesamt 13 Personen, freigelassen. Eine schwerkranke Geisel folgte im Juli 1980. Die restlichen 52 saßen bis zum 20. Jänner 1981, also insgesamt 444 Tage, in Gefangenschaft. Nach einem katastrophal missglückten amerikanischen Befreiungsversuch im April 1980, bei dem acht US-Soldaten starben, wurden die Geiseln aus der Botschaft wegverlegt.

Einer der damaligen Studentenführer, Ebrahim Asgharzadeh, betont in einem aktuellen AP-Interview, dass die Aktion nicht von oben gelenkt gewesen war: "Unser Plan war einer von Studenten, unprofessionell und kurzfristig." Sie seien für die ersten 48 Stunden verantwortlich zu machen, nachher wurde ihnen die Angelegenheit aus den Händen genommen. Spätere Versuche der Revolutionsgarden, sich die ganze Aktion von Beginn an auf die Fahnen zu heften, weist der heute 63-Jährige aber zurück.

Anlass für die Aktion war die Einreiseerlaubnis für den todkranken Schah in die USA zur Behandlung gewesen. Seine Auslieferung machten die Revolutionäre zur Bedingung für eine Freilassung der Geiseln. Er starb im April 1980 in Kairo. Zu diesem Zeitpunkt waren die Fronten bereits so verhärtet, dass es keine Rolle mehr spielte.

Zum Stillstand trugen die innenpolitischen Wirren in der jungen Islamischen Republik bei. Der Überfall des Irak unter Saddam Hussein auf den Iran im September 1980 trug insofern zu einer Lösung bei, als Teheran Interesse an einer freundlicheren Weltöffentlichkeit bekam. Mit algerischen Mittelsmännern – keine Direktverhandlungen – gelang letztlich der Durchbruch, die Amerikaner kamen an dem Tag frei, an dem Ronald Reagan als US-Präsident angelobt wurde. Die Geiselaffäre hatte unzweifelhaft zu Jimmy Carters Niederlage beigetragen.

Gespräche in der zweiten Reihe

Die Atomverhandlungen mit dem Iran, in die die USA erstmals 2008 und führend 2013 einstiegen, bleiben eine außergewöhnliche Episode: US-Präsident Donald Trump verließ 2018 das 2015 geschlossene Atomabkommen und führte die Beziehungen in die Eiszeit zurück. Allerdings spielt sich unter der Oberfläche stets mehr ab, als man vermuten würde: Sogenannte "Track Two"-Gespräche – wo Personen miteinander reden, die nicht Teil der Regierungen, aber sozusagen in der zweiten Reihe stehen – hat es immer wieder gegeben.

2003 startete der Iran via Schweiz einen großen Normalisierungsvorstoß, der von der Regierung George W. Bush erstickt wurde. Vor zehn Jahren definierte Khamenei den Konflikt zwischen Teheran und Washington erstmals als politisch und nicht als ideologisch, schreibt der Iranist Walter Posch in einem Artikel über iranische Außenpolitik. Das hört sich heute aber meist wieder anders an. (Gudrun Harrer, 4.11.2019)