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Mit Schattenprofilen übt sich Facebook im Kuppeln.

Die Totalüberwachung der Dystopie von 1984 hätten wir erreicht. Der Große Bruder lauscht andächtig dem Liebesgeflüster und den Musikwünschen, begleitet von sanften Screenshotgeräuschen. Vermutlich wird schon irgendwo am Ministerium für Liebe gebastelt, und man darf davon ausgehen, dass sich dieses nicht nur mit der Verteilung von Sextipps aufhalten wird. Facebook sorgt sich so sehr um die erfüllten Beziehungen seiner User, dass es Schattenprofile mit möglichen Bekannten und Verwandten anlegt und sich im Kuppeln übt.

"Zeige alles, checke nichts"

Das Facebook der Wahlverwandtschaften fügt sich nahtlos ein in das Internet der Dinge. Und was sich auch nahtlos ins Internet fügt: nicht nur die Bestrebung, Menschen in Orwell'scher Manier auszuspähen, bis Harun al Raschid vor Neid erblasst, sondern gleichzeitig der Versuch, sie vom weltweiten Informationsfluss abzuschneiden. "Zeige alles, checke nichts" könnte das neue Motto des russischen Plans sein, ein Internet im Internet zu schaffen. Wegen westlicher Bedrohung. Eine Net-Matrjoschka sozusagen.

Eigene Kondom-Produktion

Schon lange zuvor versuchte sich die Sowjetunion von westlichen Gefahren abzukapseln. Und der Eiserne Vorhang war geboren. Einer der schillerndsten Versuche dieser Abkapselung war übrigens die eigene Produktion von Kondomen. Gemeine Zungen nannten diese Erzeugnisse im Vergleich zu Konkurrenzprodukten ebenfalls den "Eisernen Vorhang". (Julya Rabinowich, 4.11.2019)