Eine "sichere Wette" für Disney+: Die "Star Wars"-Serie "The Mandalorian.

Foto: Disney

Die Streaming-Kriege sind voll entfacht: Mit Apple TV+ ist vor wenigen Tagen ein neuer Konkurrent für Netflix, Amazon und Co an den Start gegangen. In Kürze betritt mit Disney+ das nächste Schwergewicht die Bühne, parallel dazu arbeiten derzeit zahlreich US-TV-Sender an eigene Streaming-Plattformen. Eines ist damit also klar: 2020 wird es so viel neue Serien und Filme geben wie wohl nie zuvor. Doch was bei dieser Masse allzu leicht zu übersehen ist: Masse bedeutet nicht automatisch Klasse. Das betont auch ein aktueller Kommentar bei "Slate", der zu einem für manche zunächst überraschenden Urteil kommt. Das goldene Zeitalter des Fernsehens sei nämlich endgültig vorbei – und daran seien nicht zuletzt die "Streaming Wars" schuld.

Rahmenhandlung

Begonnen hatte alles im Jänner 1999 mit der ersten Folge der "Sopranos". Es folgten eine Fülle von neuen Serien, die mit althergebrachten Mustern brachen und so das erwähnte goldene Zeitalter einläuteten. Dieses wurde durch Streaming-Plattformen zunächst sogar noch weiter befördert. Risikokapital aus dem Silicon Valley sorgte dafür, dass viele Serienideen finanziert wurden, die im klassischen Fernsehen keine Chance gehabt hätten. Das hat der Welt unter anderem solche Perlen wie "Transparent" oder auch "Atlanta" eingebracht. Auch eine Fortsetzung von "Twin Peaks" war lange zuvor kaum denkbar.

Doch wer die Pläne der großen Streaming-Plattformen für die kommenden Jahre betrachtet, bei dem dürfte sich schnell Ernüchterung breitmachen. Denn die Zeit der Experimente scheint angesichts der verschärften Konkurrenz vorbei zu sein. Während kreative Kleinode wie "I Love Dick" oder auch "One Mississippi" eingestellt werden, setzen die Anbieter lieber auf sichere Investitionen.

Bei Amazon ist das etwa ein Neuauflage des "Herr der Ringe" in Serienform, Disney+ wird ohnehin von Serien und Filmen aus bekannten Franchises wie "Star Wars" oder dem Marvel-Universum dominiert. Bei Apple setzt man zwar auf Neuentwicklungen mit gigantischem Budget – "The Morning Show" legt mit 300 Millionen Dollar für zwei Staffeln in dieser Hinsicht einen neuen Rekord hin –, erzählerisch und thematisch geht man dabei aber ebenfalls keine Risiken ein.

Es gibt kein nächstes "Game of Thrones"

Geht es um die Zukunft des Fernsehens, sprechen TV-Macher oft davon, dass sie gerne das nächste "Game of Thrones" schaffen würden. Also eine neue Serie, die Woche für Woche für Diskussionsstoff sorgt und dabei von fast allen gesehen wird. In Wirklichkeit laufen die Investitionen aber in ganz andere Richtungen: Wie auch schon im Kino zuvor, geht der Trend zu sicheren Wetten – das wären dann etwa Reboots älterer Filme und Serien oder eben der Ausbau bekannter Franchises. Dass hier HBO mit einem Prequel von "Game of Thrones" mit dabei ist, entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie.

Viele Konsumenten dürfte dies nicht stören, gerade Marvel-Filme erfreuen sich weiterhin einer riesigen Popularität, und nun wird dieses Universum konsequent ausgebaut. Und zunächst gibt es das Ganze auch noch recht günstig, so schenkt etwa Apple beim Kauf eines neuen iPhones oder iPads gleich ein ganzes Jahr Apple TV+ dazu. Und auch andere Anbieter wollen zunächst mit vergleichsweise niedrigen Abopreisen starten.

Ausblick

Langfristig könnte das Ergebnis aber ein wesentlich unerfreulicheres sein. So werden die Preise bald nach oben gehen, und schon alleine aufgrund der Fülle an unterschiedlichen Plattformen werden die Konsumenten bald schon deutlich mehr für Streaming ausgeben müssen als bisher – zumindest, wenn sie alle ihre Lieblingsinhalte konsumieren wollen. Dies, während die Vielzahl an kleinen, kreativen Shows zunehmend durch "sichere Wetten" ersetzt werden. Alles zweifellos gut produziert, aber eben auch ein ganzes Stück weniger aufregend, als es in den vergangenen Jahren der Fall war. Eben: Massenware. (red, 4.11.2019)