Keine guten Nachrichten für Elektroautogegner, die den viel zu hohen Strombedarf einer zunehmend flächendeckenden Elektrifizierung des Individualverkehrs als Gegenargument sehen. Das E-Auto ist verkraftbar, sowohl von den Kosten als auch von der Stromerzeugung und -verteilung her. Es muss, jedenfalls bis 2030, am bestehenden Stromnetz nur wenig justiert werden, es muss trotzdem investiert werden, vor allem in die Errichtung von Ladestationen, in der Fläche des weiten Landes überwiegend privat, in Ballungsräumen stärker öffentlich, da in bestehenden Wohnanlagen die private Errichtung von Ladestationen oft unmöglich ist.

Einer Studie der TU Wien zufolge ist das Elektroauto auch von der Stromverteilung her verkraftbar. Investiert werden muss vor allem in die Errichtung von Ladestationen.
Foto: Rudolf Skarics / www.laggers.at

Werner Tober vom Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien hat mit seinem Team die Herausforderungen der zunehmenden Zahl an Elektroautos an Stromnetz und Ladeinfrastruktur untersucht. Tober legte seiner Untersuchung Prognosen der Marktentwicklung an batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) zugrunde, unter anderem basierend auf dem ÖAMTC-Expertenbericht Mobilität und Klimaschutz 2030. Demnach wird für 2030 ein Anteil von 26 Prozent reiner Elektroautos bei den Neuzulassungen erwartet. Bis dahin sollte der Anteil an Elektroautos am Gesamtbestand elf Prozent bei den Pkws und 6,5 Prozent bei den leichten Nutzfahrzeugen betragen.

Rundumblick

Es ging darum, nicht nur die Größe, sondern auch die Verteilung des Energiebedarfs zu ermitteln, also um den Energiebedarf einzelner Fahrzeuge an sich und das Nutzungs- und Ladeverhalten der E-Auto-Fahrer. Auch Temperatur- und jahreszeitliche Einflüsse sind ungleichmäßig verteilt und wurden berücksichtigt. So konnte nicht allein eine durchschnittliche Steigerung des Energiebedarfs durch Elektroautos erfasst werden, sondern auch die zeitliche Verteilung der Spitzenlasten über das ganze Stromnetz.

Der Stromverbrauch der Elektrofahrzeuge wurde ermittelt nach dem ADAC-Ecotest, einem sehr praxisnahen Testverfahren des deutschen ÖAMTC-Schwesterclubs. Kleiner Auszug aus den Erkenntnissen: Bei 20 Grad Umgebungstemperatur ist der Energieverbrauch eines E-Autos am geringsten und beträgt im Eco-Test 23 kWh/100 km. Bei plus 30 steigt er auf 26 kWh/100 km, ähnlich hoch ist er bei plus zehn Grad. Bei weiterer Abkühlung steigt der Energieverbrauch des Elektroautos bis auf fast das Doppelte des Wertes bei 20 Grad, also über 40 kWh/100 km bei minus 20 Grad.

Ladekapazitäten

Beim Ladeverhalten ging man von folgender Annahme aus: Da die durchschnittlichen täglichen Fahrstrecken beim Pkw zu 94 Prozent unter 50 km liegen, reichen üblicherweise geringe Ladeleistungen zwischen 2,3 und 11 Kilowatt aus, sowohl daheim als auch bei Ladestellen am Straßenrand. Heimladestellen mit 22 kW werden nur in geringem Maß erwartet, da sie schwieriger zu realisieren sind im Rahmen des Haushaltsstromnetzes. Ladeleistungen mit 44 und 50 kW gibt es nur an öffentlichen Ladestationen, die mit 150 kW und darüber wurden als Einzelfälle betrachtet, aber nicht im lokalen Verteilernetz.

Ein wichtiger Faktor ist die Gleichzeitigkeit der Ladestellennutzung, weil sie den Leistungsverlauf durch die Ladevorgänge und die Anzahl der nötigen Ladestellen bestimmt. 2018 war die Kalenderwoche 3 die mit dem höchsten Leistungsbedarf für Grundlast plus Elektrofahrzeuge. Dabei ist die Anforderung für das Netz wochentags um 18 Uhr am höchsten, am allerhöchstens freitags.

Rund 30 Prozent der Ladestellen werden von öffentliche Stellen und Ladestellenbetreiber kommen müssen, rechnet die Studie der TU Wien vor.
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Zwar sind viele E-Auto-Besitzer in der Lage, zu Hause eine Ladestelle zu errichten, trotzdem wird ein hoher Anteil an Heimladestellen am Straßenrand benötigt, vor allem in Wien. Fast ein Drittel der Ladestellen zum alltäglichen Gebrauch wird von öffentlichen Stellen und Ladestellenbetreibern errichtet werden müssen – die Hochleistungsladestationen, die in der Regel ja nur für sporadische Langstreckenfahrten benötigt werden, hier nicht mit eingerechnet.

Wichtigste Botschaft der Studie überhaupt: "Bei der Untersuchung der lokalen Verteilernetzmodelle hat sich gezeigt, dass sich bis 2030 aufgrund des niedrigen Elektroauto-Bestands keine Probleme in einem typischen Verteilernetz ergeben. Es sind daher bis 2030 keine Netzerweiterungsmaßnahmen zu erwarten." Einschränkungen zu dieser generellen Aussage gibt es nur punktuell. (Rudolf Skarics, 21.11.2019)