Demonstration der Identitären Bewegung im vergangenen April in Wien.

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Werner Kogler, Chef der Grünen und derzeit einziger Sondierungspartner von Sebastian Kurz (ÖVP) für eine Bundesregierung, musste es am eigenen Leib erfahren. Aus einer (rechtsradikalen) Drohung kann schnell körperliche Gewalt werden: 2010 beim Public Viewing in einem Grazer Lokal anlässlich einer Fußball-WM versuchte er mehrere junge Männer, die Nazi-Parolen gegrölt hatten, zur Rechenschaft zu ziehen. Als Kogler daraufhin als damaliger Grün-Abgeordneter erkannt wurde, erntete er Spott und Drohungen, bevor schließlich ein voller Bierbecher in seinem Gesicht landete. Ein Begleiter von Kogler wurde niedergeschlagen und schwer verletzt. Die Täter, amtsbekannte Rechtsradikale mit Verbindungen zur alten heimischen Neonazipartie, wurden geschnappt und später verurteilt.

Drohung gegen Doskozil

Drohungen gegen heimische Politiker sind in Österreich vor allem in sozialen Internetmedien heute keine Seltenheit. Meistens sind es aber Betrunkene und/oder psychisch kranke Menschen, die gewählte Rechtsvertreter offen mit körperlicher Gewalt bedrohen – so wie im Fall eines Obersteierers, der unlängst die Familie des burgenländischen Landeshauptmannes von Hans Peter Doskozil (SPÖ) telefonisch mit dem Umbringen bedrohte. Auch dieser Mann wurde inzwischen ausgeforscht und zu einer unbedingten Haft verurteilt.

Drohung gegen Kern

Der Grat zwischen Hassposting und Bedrohung ist ein schmaler: 2016 schaukelten sich anonyme Poster auf der Facebook-Seite von H.C. Strache zu Hasstiraden gegen den damaligen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) auf, dem sie "eine schnelle Kugel", "9mm", wünschten. Die Poster sollen einer rechtsradikalen Skinhead-Gruppierung angehört haben.

Themen mit emotionaler Wirkung

Die neue rechtsextreme Szene Österreichs, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, hütet sich vor plumpen Einschüchterungsversuchen wie den in Deutschland aufgetauchten Morddrohungen von Neonazis gegen Grün-Politiker. In der Alpenrepublik wollen die Rechtsextremen weg vom Gewalt-Image ihrer Vorgänger. Anstatt dessen zielt "die Strategie neurechter Ideologen darauf ab, gesellschaftspolitische Themen und Begriffe mit hoher emotionaler Wirkung (wie Islamisierung und Kulturkampf) aufzugreifen und zu besetzen", heißt es im aktuellen Staatsschutzbericht. Genannt wird dabei ausdrücklich die Identitäre Bewegung. Nachsatz: "In seiner äußersten Steigerungsform kann sich Rechtsextremismus bis hin zum Rechtsterrorismus steigern."

Anzeigen nach dem Verbotsgesetz sind zuletzt von 798 (2017) auf 877 (im Vorjahr) gestiegen, gefährliche Drohungen mit rechtsextremem Hintergrund gingen von 38 auf 29 Anzeigen zurück. (simo, 4.11.2019)