Deutschland will den Verkauf von Elektroautos ankurbeln.

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Die deutsche Regierung und Autobauer setzen auf einen Schub für Elektroautos in Deutschland durch neue Milliardenhilfen – es werden aber auch Warnungen und weitere Forderungen laut. Die IG Metall pocht angesichts des Umbruchs in der Branche auf konkrete Absicherungen für die Beschäftigten und besonders betroffene Standorte.

Die Autobauer drängen auf eine stärkere Förderung für Ladepunkte bei Privatleuten. Umweltschützer und Opposition forderten weitergehende Weichenstellungen für eine klimafreundliche Mobilität.

Kaufprämien im Detail

Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach nach einem "Autogipfel" bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag von einem wichtigen Signal. Die Erhöhung der Kaufprämie für E-Autos und ein schnellerer Ausbau des Ladenetzes seien zentrale Bausteine für mehr Tempo bei der Elektromobilität in Deutschland. Die Zahl der Anträge für die Prämie steige. "Zwar langsamer, als wir das erhofft hatten, aber umso wichtiger ist es, jetzt noch mal durch eine Erhöhung des Zuschusses stärkere Anreize zu setzen", sagte Altmaier am Dienstag.

Für reine E-Autos bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro soll es künftig 6.000 Euro statt bisher 4.000 Euro als Prämie geben, wie nach dem Treffen von Bund und Autobranche mitgeteilt wurde. Bei teureren E-Autos bis zu einer Grenze von 65.000 Euro sollen es künftig 5.000 Euro Prämie sein. Auch für Plug-in-Hybride soll der Zuschuss steigen. Geprüft werden sollen auch Zuschüsse für "junge Gebrauchtwagen", für die es beim erstmaligen Kauf keine Prämie gab.

Statt bis 2020 soll die Prämie bis 2025 laufen. Die Kosten dafür von mehr als zwei Milliarden Euro wollen Bund und Autobranche wie bisher je zur Hälfte übernehmen. Für die seit 2016 angebotene Prämie gingen bisher knapp 152.000 Anträge ein, wie neue Daten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit Stand Ende Oktober ergeben.

Mehr Ladestationen

Die Verbraucherzentralen begrüßten die höheren Prämien. Dass sie nicht mehr bei 60.000 Euro Listenpreis enden sollen, sondern bei 65.000 Euro, sei aber ein unnötiges Zugeständnis an die Branche. "Dies darf nicht dazu führen, dass Hersteller an der Preisschraube drehen", warnte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller. Mit Steuergeld solle Verbrauchern der Einstieg in die E-Mobilität erleichtert werden, die Unterstützung benötigten. Es solle aber keine "Luxusinvestition" gefördert werden. Steige die Nachfrage, müsse beim Ladenetz-Ausbau zügig nachgelegt werden.

Industrie und Regierung hatten dazu vereinbart, in den nächsten zwei Jahren zusätzlich 50.000 öffentliche Ladepunkte zu errichten. Davon übernimmt die Branche 15.000. Aus Sicht des Verbands der Automobilindustrie (VDA) müssen auch Ladepunkte bei Privatleuten stärker gefördert werden. "Die geplante Finanzierung von 50 Millionen Euro ist bei weiten nicht ausreichend", sagte Präsident Bernhard Mattes. Er betonte zugleich mit Blick auf das gesamte Paket: "Wir haben einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht." Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte nach dem Spitzentreffen gesagt: "Wir brauchen jetzt die Massenwirksamkeit der Mobilität von morgen."

Zu unkonkret

Die IG Metall begrüßte die Impulse für E-Autos, mahnte aber konkrete Absicherungen für die Beschäftigten an. Die Gespräche dazu beim "Autogipfel" seien konstruktiv gewesen, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Ergebnis sei jedoch noch zu unkonkret – gerade in der aktuell brisanten Situation der Zulieferindustrie. Zugesagt worden sei, Möglichkeiten für einen leichteren Zugang zu Kurzarbeitergeld auch bei strukturell bedingten Krisen zu prüfen. Geprüft werden solle zudem, wie geförderte Weiterbildungen nicht nur einzelnen Beschäftigten, sondern auch ganzen Belegschaften helfen könnten, den Wandel zu bewältigen.

Linke-Verkehrspolitikerin Ingrid Remmers kritisierte: "Die höheren Kaufprämien für Elektroautos sind nur ein weiteres Stück Zucker für die Automobilindustrie und für Besserverdienende." Grünen-Experte Stephan Kühn forderte: "Die Kaufprämie muss endlich von Spritschluckern wie SUVs und Geländewagen gegenfinanziert werden, anstatt weiterhin allgemeine Steuergelder zu nutzen, die dann für andere Klimaschutzmaßnahmen fehlen."

"Der teuerste Weg"

Kritik kam auch vom Maschinenbauverband VDMA. Die geplanten Prämien für E-Autos seien "der teuerste Weg mit den höchsten Streuverlusten, denn es werden auch jene Käufer gefördert, die einer solchen Prämie nicht bedürfen", monierte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Hartmut Rauen. Der Chef der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte der "Rheinischen Post" (Mittwoch), wenn es der Regierung wirklich um die Förderung der E-Mobilität ginge, würde sie die Elektrifizierung der Schienentrassen hochfahren.

Um die Klimaziele 2030 zu schaffen, sind laut einem "Masterplan Ladeinfrastruktur" der Bundesregierung bis dahin sieben bis zehn Millionen E-Autos notwendig. Zwar steigen die Neuzulassungen, aber auf niedrigem Niveau. Im August waren laut Regierung rund 220.000 Elektrofahrzeuge zugelassen – bei insgesamt rund 47 Millionen Pkw.

Bessere Tankinfrastruktur für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge

Neben E-Autos misst die Regierung Wasserstoff eine besondere Bedeutung für die Energiewende und den Klimaschutz zu und sieht dabei die Autobranche in der Pflicht. Wirtschaftsminister Altmaier sagte am Dienstag, die Herstellung von CO2-neutralem Wasserstoff sei eine große industriepolitische Chance, bei der Deutschland führend sein müsse. Bis Ende des Jahres will die Regierung eine entsprechende Strategie entwerfen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte: "Jetzt muss die Automobilindustrie bezahlbare Fahrzeuge auf den Markt bringen und den Menschen zeigen, dass die Technik zuverlässig funktioniert."

Für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge brauche es eine gute Tankinfrastruktur, sagte Scheuer. "Wir werden im Frühjahr 2020 bereits 100 Wasserstofftankstellen in Deutschland haben." Bis 2021 sollten 15 weitere hinzukommen. Scheuer unterschrieb am Dienstag eine entsprechende Absichtserklärung mit dem Joint Venture H2Mobility, zu dem Firmen wie Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total gehören. (APA, Reuters, red, 5.11.2019)