Nach dem Überfall auf eine Salzburger Juwelierfamilie am 15. August hat ein Spezialkommando am Dienstag um 4.30 Uhr in Prag einen Verdächtigen festgenommen.

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Salzburg/Koppl – Nach dem Überfall auf eine Salzburger Juwelierfamilie am 15. August hat ein tschechisches Spezialkommando am Dienstag um 4.30 Uhr in Prag einen 42-jährigen Verdächtigen festgenommen. Zudem gaben Polizei und Staatsanwaltschaft neue Details zu der Home-Invasion bekannt. So dürften die Täter die Villa der Familie am Rand der Landeshauptstadt als Mountainbiker verkleidet ausgekundschaftet haben.

Lange Suche und Vorbereitung

Am Tatort und in der Umgebung waren nach dem Überfall zahlreiche DNA-Spuren sichergestellt worden, außerdem wurden mehr als 500 Stunden Material aus Überwachungskameras gesichtet. Ein Treffer in einer Datenbank führte im September dann auf die Fährte des Tschechen. Nach weiteren Abgleichen mit Material aus dem Haus, dem Fluchtfahrzeug und einem Waldstück in der Umgebung der Villa stand schließlich fest, dass er an allen drei Orten gewesen war.

"Dazu ist der Verdächtige eindeutig auf einer Überwachungskamera erkennbar", sagte Christian Voggenberger, Leiter des Landeskriminalamts Salzburg. Dabei stellte sich heraus, dass die Täter als Mountainbiker getarnt bereits fünf Tage vor dem Überfall an Ort und Stelle waren und die Nacht vor der Tat im Wald verbrachten. Dort deponierten sie Rucksäcke und die Fahrräder für ihre spätere Flucht. "Man sieht sie auch unmittelbar nach dem Überfall das Waldstück verlassen und in Richtung Hallwang hinabfahren."

Der Zugriff sei nach Vorliegen des EU-Haftbefehls akribisch vorbereitet worden, betonte Voggenberger und bedankte sich bei der tschechischen Justiz und Polizei für die Zusammenarbeit. Bei der Festnahme seien auch vier Beamte aus Österreich dabei gewesen. Der Verdächtige werde aktuell in Prag vernommen, das Ergebnis von zwei Hausdurchsuchungen stehe noch aus.

Auslieferungsbegehren gestellt

Laut dem Salzburger Staatsanwaltschaftssprecher Marcus Neher hat die Justiz ein Auslieferungsbegehren gestellt. Dem Verdächtigen werden schwerer Raub, schwere Nötigung, Brandstiftung und – als schwerstes Delikt – erpresserische Entführung angelastet. Bei einer Verurteilung drohen ihm zehn bis 20 Jahre Haft.

Der 42-Jährige verbrachte schon einen Großteil der vergangenen 15 Jahre im Gefängnis. Er wurde laut Staatsanwaltschaft nach einem räuberischen Diebstahl in einem Bankinstitut im Jahr 2005 zu zehn Jahren Haft verurteilt. 2011 kam er bedingt frei, bereits 2012 erfolgte jedoch schon die nächste Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls. Der Verdächtige wurde schließlich erst im April 2019, nur wenige Monate vor der Home-Invasion in Salzburg, entlassen.

Kompromissloses Vorgehen

Bei dem Überfall waren zu Maria Himmelfahrt gegen 10 Uhr drei mit Sturmhauben maskierten Männer über die unversperrte Balkontür in die Villa der Familie am Heuberg eingedrungen und hatten einen 41-jährigen Mann, seine 35-jährige Frau, die zwei Kleinkinder des Paares sowie das 26-jährige Au-pair-Mädchen bedroht. Einer der Täter hatte eine Faustfeuerwaffe bei sich. Das Trio fesselte die Erwachsenen. Dann zwangen sie die Juwelierin in gebrochenem Englisch, in das am Feiertag geschlossene Geschäft zu fahren, um Schmuck zu besorgen. Auch die Villa durchsuchten sie nach Wertgegenständen.

Während die Frau der Forderung nachkam, zwangen sie das Au-pair und die zwei Kinder in ein Auto. Der Vater musste gefesselt in den Kofferraum steigen. Dann setzten die Räuber das Gebäude an mehreren Stellen in Brand, vermutlich, um Spuren zu zerstören. In der Folge durchbrachen sie mit dem Wagen der Familie das Garagentor von innen. "Das dürfte eine Panikreaktion gewesen sein. Die Gründe dafür kennen wir aber nicht", sagte Voggenberger heute.

Flucht durch den Wald

Bei der Flucht querfeldein in ein nahes Waldstück blieb das Auto schließlich an einem Baumstumpf hängen. Die Täter sperrten nun auch das Au-pair-Mädchen in den Kofferraum und flohen zu Fuß. Die Kleinkinder ließen sie im Auto zurück. Beim Versuch, im Wald ihre Kleidung anzuzünden, wurden sie von zwei Wanderern – 75 und 77 Jahre alt – beobachtet. Das Paar sah eine Stichflamme und wollte die Polizei rufen. Darauf gab einer der Täter mindestens vier Schüsse ab und zwang die Wanderer zur Herausgabe der Mobiltelefone. Dann flüchtet das Trio. Das Ehepaar befreite kurz darauf die Geiseln. Der Mann verständige die Polizei und seine Frau, die zu dem Zeitpunkt noch im Geschäft in der Stadt war.

Die Polizei geht derzeit von drei Tätern aus, schließt aber weitere Beteiligte nicht aus. Zu den beiden anderen Verdächtigen gebe es gute Ermittlungsansätze, aus taktischen Gründen könne man aber keine Angaben machen, betonte Voggenberger. Zur Höhe der Beute wollte die Polizei am Dienstag ebenfalls nichts sagen. "Nur so viel: Für so ein Verbrechen hat es sich nicht ausgezahlt", sagte der Kripochef. (APA, 5.11.2019)