Selten war eine Regierungsbildung leichter: In Windeseile haben sich ÖVP und Grüne auf einen Koalitionspakt geeinigt. Von allen Seiten setzt es Applaus.

Die Rede ist allerdings nicht von der Bundesebene, wo seit Wochen sondiert wird, sondern "nur" von Vorarlberg. Die Rückschlüsse sind begrenzt: In den Landesregierungen spielt so manches Reizthema – von der Steuerpolitik bis zur Zuwanderung – mangels Kompetenzen kaum eine Rolle.

LH Markus Wallner und Johannes Rauch bei der Vorstellung des Arbeitsprogramms 2019-2024 der neuen schwarz-grünen Landesregierung.
Foto: APA/MATHIS FOTOGRAFIE

Eines können und sollten sich Sebastian Kurz und Werner Kogler aber abschauen: Die Vorarlberger wollen ihre bisherige Null-Schulden-Politik entsorgen. Für dringende Investitionen soll ein Budgetdefizit erlaubt sein.

So viel Pragmatismus täte auch der Bundesregierung gut, denn Investitionsbedarf gibt es genug. Der Klimawandel schreit etwa nach dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs, für Pflegekräfte fehlt ebenso Geld wie für Begleitlehrer an Brennpunktschulen. Da die Zinsen für Staatsanleihen unter null liegen, wäre es kurzsichtig, aus einem Nulldefizitkult heraus auf diese wichtigen Ausgaben, die auch Jobs schaffen, zu verzichten. Werden die Investitionen hingegen mit der Kürzung anderer Staatsausgaben finanziert, wird das die schwächelnde Wirtschaft weiter bremsen.

Das Argument, dass den nachrückenden Generationen damit "ein Rucksack" umgehängt werde, sticht nicht: Es sind gerade die jungen Leute, die von einer intakten Umwelt und einem modernen Sozialstaat profitieren würden. (Gerald John, 5.11.2019)