US-Präsident Donald Trump bezeichnete das Pariser Klimaabkommen in der Vergangenheit als eine Art Zwangsjacke. Aus dieser wollen sich die USA nun so bald wie möglich befreien.

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Es waren große Worte, um einen Alleingang zu verkünden. Die Vereinigten Staaten seien stolz auf ihre Rolle, die Welt bei der Reduzierung "aller Emissionen" anzuführen, schrieb Mike Pompeo. Sie seien stolz darauf, ihre Wirtschaft wachsen zu lassen und die Energieversorgung ihrer Bürger zu sichern, twitterte der amerikanische Außenminister, nachdem er mitgeteilt hatte, dass nun der formelle Prozess des Rückzugs aus dem Pariser Klimaabkommen beginne.

Zweieinhalb Jahre sind vergangen, seit Präsident Donald Trump den Ausstieg avisierte, seit er getreu seiner America-first-Philosophie erklärte, er vertrete die Bürger von Pittsburgh, nicht die von Paris. Doch nach den Bestimmungen des Vertragswerks, am 4. November 2016 in Kraft getreten, kann ein Austritt erst nach dreijähriger Pause eingeleitet werden. Letzteres tat Pompeo, ohne am Montag auch nur einen Tag verstreichen zu lassen. Die Ironie der Geschichte: Da weitere zwölf Monate ins Land gehen müssen, um den Abschied zu besiegeln, kann es passieren, dass Trump bereits abgewählt ist, wenn er seinen Soloritt tatsächlich vollzogen hat. Der 3. November 2020 ist der Tag des Präsidentschaftsvotums.

Zwangsjacke Klimaabkommen

Trump hat die Pariser Übereinkunft stets als eine Art Zwangsjacke charakterisiert, die allein dem Zweck diene, der Wettbewerbsfähigkeit Amerikas zu schaden – in seiner Diktion ein "totales Desaster". Sein Chefdiplomat spricht, in der Wortwahl gesetzter, von unfairen Lasten, die man amerikanischen Arbeitern, Firmen und Steuerzahlern aufbürde. Einer der energischsten Fürsprecher des Ausstiegs, Senator John Barrasso, bestreitet zwar nicht, dass menschliches Handeln zur Erderwärmung beiträgt, sieht die Lösung jedoch allein im Unternehmergeist der privaten Wirtschaft.

Dass eine Mehrheit der Amerikaner das anders sieht, verdeutlicht eine Erhebung der WashingtonPost. Demnach sind zwei Drittel der Befragten der Meinung, ihr Präsident tue zu wenig, um das Klimaproblem anzugehen. 40 Prozent sprechen dezidiert von einer Klimakrise – vor fünf Jahren waren es noch 25 Prozent.

Während sich Trump internationaler Zusammenarbeit verweigert, versuchen Allianzen jenseits des Weißen Hauses, den Schaden zu begrenzen. Etwa America's Pledge, ein loses Bündnis, zu dem sich Bundesstaaten, Städte, Unternehmen und Universitäten zusammengeschlossen haben, um Treibhausgasemissionen entsprechend den Pariser Vorgaben zu reduzieren. Staaten wie Hawaii, Kalifornien, Maine, Nevada, New Mexico, New York und Washington peilen an, ihre Energie zu hundert Prozent aus erneuerbaren Quellen zu produzieren.

Warten auf Klima-Präsidenten

Dank solcher Initiativen werde man sich nach vorn bewegen, "bis wir einen Präsidenten haben, der die Klimakrise angeht", orakelt der frühere Bürgermeister New Yorks, Michael Bloomberg, der America's Pledge gemeinsam mit Jerry Brown, dem damaligen Gouverneur Kaliforniens, 2017 ins Leben rief. Keine Person und keine Partei könnten der Klimabewegung ihre Dynamik nehmen, prophezeit Al Gore, einst Vizepräsident, später umweltbewegter Friedensnobelpreisträger. Diejenigen, die es dennoch versuchten, würden wegen ihrer Verlogenheit in die Annalen eingehen.

Weniger polemisch formulieren es John Kerry und Chuck Hagel, der eine Außen-, der andere Verteidigungsminister im Kabinett Barack Obamas. Paris, schreiben sie in einem Kommentar, sei ein Anfang gewesen, eine Initialzündung, um auch Ländern wie China und Indien ein Bekenntnis zu Klimazielen abzuringen – wie es ja auch prominente Konservative in Washington verlangten. "Was wir heute erleben, ist nicht 'Amerika zuerst', es ist einmal mehr 'Amerika allein'". (Frank Herrmann aus Washington, 5.11.2019)