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Laut Präsident Rohani wurde die Internationale Atomenergiebehörde über die vierte Phase der Reduzierung der Verpflichtungen aus dem Nuklearabkommen in Kenntnis gesetzt.

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Im Juli 2015 rückte Wien für einige Tage in den Fokus der Weltpolitik: Unterhändler von USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und der EU hatten mit dem Iran nach zähen Verhandlungen im Palais Coburg einen Durchbruch im jahrelangen Atomstreit erzielt. Das Abkommen sollte die Entwicklung einer iranischen Atombombe verhindern. Strenge Auflagen und Kontrollen beim Nuklearprogramm Teherans gegen eine Lockerung der Sanktionen gegen den Iran: Das war der Kern des Deals, der international die Hoffnungen auf eine friedliche Beilegung des Streits nährte – und im Iran selbst die Hoffnung auf eine weitere Öffnung unter dem reformorientierten Präsidenten Hassan Rohani.

Mittlerweile ist davon wenig übrig geblieben. Im Weißen Haus nämlich sitzt nicht mehr der damalige US-Präsident Barack Obama, sondern Donald Trump. Und dieser hat das einst umjubelte Abkommen bereits im Jahr 2018 wieder aufgekündigt und den Iran mit neuen Wirtschaftssanktionen belegt. Trump wollte mehr Härte gegenüber Teheran zeigen, einen "besseren" Deal aushandeln und wohl auch Israel Rückendeckung geben, das von dem Deal mit dem Erzfeind Iran nie begeistert war.

Seither rudert auch Teheran schrittweise aus dem Abkommen zurück. Die iranische Atomenergiebehörde teilte mit, dass der Iran in der Nacht auf Donnerstag die Urananreicherung in der Atomanlage Fordo offiziell wieder aufgenommen hat. Das staatliche iranische Fernsehen hatte in den Morgenstunden des Mittwoch bereits berichtet, man habe damit begonnen, Urangas in Zentrifugen der unterirdischen Anreicherungsanlage in Fordo einzuleiten – und zwar in Gegenwart von Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) mit Sitz in Wien. Es handelt sich dabei um einen bewussten Verstoß gegen weitere Auflagen des sogenannten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), also des besagten Wiener Atomdeals aus dem Jahr 2015.

Verbotene Anreicherung

Gerade die Anlage Fordo war stets ein Zankapfel zwischen Teheran und dem Westen. Erst 2009 hatte der Iran zugegeben, dass sie überhaupt existiert. Laut Wiener Atomabkommen sollte Fordo nur noch für wissenschaftliche Projekte genutzt werden. Dem widerspricht der jüngste Schritt des Iran diametral: In 1044 bisher inaktiven Zentrifugen sollen insgesamt 2000 Kilogramm Urangas injiziert, Uran soll auf fünf Prozent angereichert werden.

Laut JCPOA dürfte man in Fordo überhaupt kein Uran anreichern. Für Natanz, eine andere Anlage, wurde die Anreicherung auf 3,67 Prozent begrenzt, inzwischen hat der Iran sie dort auf 4,5 Prozent erhöht. Als Richtwert für den Betrieb eines Kernreaktors gilt eine dreiprozentige Anreicherung von Uran-235, für eine Atombombe wäre ein Anreicherungsgrad von etwa 90 Prozent nötig.

Die USA haben Teheran am Mittwoch prompt "atomare Erpressung" vorgeworfen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte den Iran auf, seine Verpflichtungen aus dem Wiener Atomabkommen einzuhalten, gab aber den USA die Schuld an der jüngsten Entwicklung. Besorgt äußerte sich auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron über die "unverblümte" Abkehr Teherans vom Atomdeal. (red, 6.11.2019)