Am Nationalfeiertag sollen viele Menschen Kanzlerin Bierlein gefragt haben, ob sie sich nicht als Bundespräsidentin zur Wahl stellen wolle. Sie verneinte.

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Seit fünf Monaten ist Brigitte Bierlein die erste weibliche Bundeskanzlerin der Republik und führt die sogenannte Übergangsregierung. Im ORF-"Report" sprach sie am Dienstagabend über ihre Kanzlerinnenschaft und auch darüber, was sie sich von einer künftigen Regierung erwartet. Über konkrete politische Maßnahmen äußerte sie sich – wie gewohnt – zurückhaltend, verteidigte aber den von ihrer Regierung vorgebrachten Klimaplan, der auf massive Kritik gestoßen ist. Sie verstehe zwar die Anliegen der NGOs, glaube aber, dass der Plan "nicht so ist, dass er nicht die Möglichkeit gibt, die Klimaziele 2030 erreichen zu können". Die konkrete Umsetzung sei sowieso der nächsten Regierung überlassen, auch die Entscheidung, ob es eine CO2-Steuer geben werde.

Außerdem kündigt die Kanzlerin Beamtengespräche mit den Bundesländern über den Pflegeregress an. Die Landeshauptleute hatten in einem Brief an Finanzminister Eduard Müller gefordert, die Deckelung des Zweckzuschusses für die Einnahmenausfälle zurückzunehmen, die durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstanden seien. Die Deckelung sei allerdings ein Beschluss des Nationalrats, an den sich die Regierung zu halten habe, argumentiert Bierlein.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein im "Report"-Interview mit Susanne Schnabl.
ORF

Der nächsten Regierung soll der aktuelle Frauenanteil von 50 Prozent bei den Ministerposten ein Beispiel sein. Außerdem plädiert Bierlein an die nächste Regierung, das Vertrauen in die Politik wieder zu stärken. Künftige Koalitionen sollen länger halten, da es seit 2011 keine Regierung gegeben habe, die die vollen fünf Jahre im Amt war.

Grundlagen für eine neue Regierung

Darauf angesprochen, dass ihre Regierung trotz kleiner Kabinette parlamentarische Anfragen rasch und umfassend beantwortet, sagte Bierlein, dass sie es als Juristin eben gewohnt sei, Fragen präzise und akkurat zu beantworten. Sie hoffe, dass dies auch andere Regierungen so handhaben werden. Sie glaubt, dass alle für mehr Transparenz in Sachen Parteienfinanzierung und Amtsgeheimnis seien. Die lang geforderte Abschaffung des Amtsgeheimnisses müsse allerdings die nächste Regierung beschließen.

Auch in Sachen Personalnotstand in der Justiz könne sie die Meinung von Justizminister Clemens Jabloner verstehen. In ihrer langjährigen Erfahrung als Richterin sieht sie "Nachholbedarf im nichtrichterlichen Bereich und auch in der Justizwache". Auch die Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), die Innenminister Wolfgang Peschorn vorantreiben will, und die budgetäre Notlage beim Bundesheer, die Verteidigungsminister Thomas Starlinger feststellte, seien nur als "Grundlagen" für eine kommende Regierung zu verstehen.

Kein Interesse an Bundespräsidentenposten

Mehrere Menschen hätten sie am Nationalfeiertag gefragt, ob sie nicht in Zukunft vom Bundeskanzleramt in die Hofburg übersiedeln wolle – nicht als Kanzlerin, sondern als Bundespräsidentin. Eine weitere politische Funktion in Zukunft anzunehmen komme für sie aber aber nicht infrage, so Bierlein. Sie sei schließlich "in einem Alter, wo doch irgendwann Schluss sein sollte". Für eine in einem "Krone"-Interview angedeutete Zukunft in der Zivilgesellschaft gebe es keine konkreten Vorschläge. (red, 6.11.2019)