Plötzlich sind sie überall: Im Lebensraum der Buntbarsche ist es zu einer "Quallenblüte" gekommen.
Foto: Uni Graz/Bose

Quallen dürften im Großen und Ganzen zu den Gewinnern der vom Menschen geschaffenen Umweltbedingungen in den Meeren zählen. Die Bestände von Meeresschildkröten und vielen Fischarten sind stark geschrumpft – Tieren also, die Quallen fressen. Fallen die Räuber weg, schnellen die Quallenpopulationen in die Höhe.

Vor diesem Hintergrund haben Forscher der Universität Graz untersucht, wie sich die Präsenz von Quallen auf Fische auswirkt, die die Nesseltiere nicht auf ihrem Speisezettel stehen haben, also auch nicht von ihnen profitieren können. Dafür sind Kristina Sefc, Aneesh Bose und Holger Zimmermann vom Institut für Biologie der Uni Graz allerdings nicht ins Meer abgetaucht, sie haben sich das Zusammenspiel von Quallen und Fischen im Süßwasser angesehen.

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Im afrikanischen Tanganjikasee beobachteten die Forscher, wie die dort heimischen Buntbarsche auf eine Invasion der Nesseltiere reagieren. "Die Situation war vergleichbar mit einem Wochenende in einer eingeschneiten Almhütte: Die Fische hatten sich unter Steinen und in Ritzen verkrochen und waren im Freiwasser, in dem üblicherweise reger Betrieb herrscht, kaum zu sehen", schildert Sefc. "Irgendwann gehen aber die Vorräte aus, und der Bedarf nach Sozialkontakten wächst."

Den Kontakt mit den Quallen meiden die Buntbarsche, da sie genauso genesselt werden wie Menschen. Sie bewegen sich also viel weniger als sonst. Für Revierbesitzer und brutpflegende Fische hat das den Vorteil, dass sie weniger Eindringlinge und Räuber abwehren müssen. "Sie sparen also Energie", erklärt Sefc. Längerfristig würde durch die Strategie des Rückzugs allerdings möglicherweise die Nahrungs- und Partnersuche zu kurz kommen.

Mit ihren im Journal "Royal Society Open Science" veröffentlichten Daten konnten die Forscher erstmals zeigen, dass eine sogenannte Quallenblüte das Verhalten anderer Wasserbewohner – ob im Meer oder in Binnengewässern – messbar beeinflusst. Sie gehen davon aus, dass ihre neu gewonnenen Erkenntnisse auch auf marine Küstengebiete übertragbar sind. (red, 11. 11. 2019)