Im Kinderheim am Wilhelminenberg kam es zu Übergriffen.

Foto: Heribert Corn

52,5 Millionen Euro "Entschädigung" für rund 2400 Personen, die in den Kinderheimen der Stadt Wien ständigem Missbrauch, auch sexuellem, ausgeliefert waren. Das Wort Entschädigung klingt hier falsch, denn die Schäden, die die Heimkinder bis weit in ihr Erwachsenenleben mitschleppten, kann man nicht "ent-schädigen". Die Zahlung der Stadt für den Horror in ihren Kinderheimen zwischen 1945 und 1999 ist viel höher ausgefallen, als man ursprünglich dachte.

Kurz zuvor ist der Bericht über das kirchliche Kinderheim in Steyr-Gleink in den Jahrzehnten nach Kriegsende erschienen, der den Atem stocken macht. Übriggebliebene NS-Ideologie, schwarze Pädagogik und sexuelle Gewalt seitens der Patres ziehen sich durch die Studie (im Internet unter caritas-linz.at). Wegsehen, ignorieren und gutheißen einer "strengen Erziehung" war jahrzehntelang die Devise. Unter den kindlichen Insassen herrschten Gewalthierarchien wie in US-Gefängnissen.

Auch hier geht es um die ersten Nachkriegsjahrzehnte, auch hier wurden, wenn auch in viel geringerem Ausmaß, Entschädigungen bezahlt. Das sadistische Quälen sozial schwacher oder auffälliger Kindern war, zu diesem Schluss muss man kommen, institutionsimmanent. Egal, wer die Heime betreibt. Modernere, humanere Methoden sind eingezogen. Aber Wachsamkeit und Zivilcourage sind weiter notwendig. (Hans Rauscher, 6.11.2019)