Der Wirtschaftsabschwung macht die Regierungsbildung nicht leichter. Anstatt großzügige Entlastungen und neue Ausgaben zu erfinden, muss sich das nächste Kabinett damit abfinden, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so stark zulegen wie in den letzten Jahren. Am Donnerstag hat auch die EU-Kommission ihre Aussichten in Bezug auf Wachstum zurückgenommen. Für Österreich wird für die beiden kommenden Jahre nur noch eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 1,4 Prozent angenommen – im Frühjahr ging man für 2020 noch von einem Plus von 1,6 Prozent aus.

Für das Budget sind die Folgen der Abkühlung nicht dramatisch, denn in Brüssel rechnet man immer noch mit einem Überschuss im Staatshaushalt von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit ist die EU-Kommission optimistischer als Finanzminister Eduard Müller, der von einem kleinen Minus im kommenden Jahr ausgeht.

Er hat seine Revision nach unten vor allem mit den zusätzlichen Ausgaben begründet, die vor den Wahlen im Parlament beschlossen wurden. Dazu zählen beispielsweise die außerordentliche Pensionserhöhung, abschlagsfreie Frühpension bei 45 Versicherungsjahren und die Valorisierung des Pflegegeldes.

Schulden für Klimaschutz?

Bewahrheiten sich die Zahlen, hätte ÖVP-Grün – sofern es dazu kommt – nicht einmal eine Milliarde Euro für eine Entlastung zur Verfügung. Das gilt freilich nur unter der Voraussetzung, dass keine neuen Schulden gemacht werden. Gerade bei den Grünen gibt es laute Stimmen, dass für sinnvolle Investitionen wie beispielsweise in den Klimaschutz und den öffentlichen Verkehr ein Defizit in Kauf genommen werden könne

Zudem liegt das Hauptaugenmerk auf Umschichtungen: Arbeit soll geringer besteuert werden, mit höheren Abgaben wollen die Grünen u.a fossile Energieträger belasten. Positiv wirkt, dass sich die Budgetlage 2021 verbessern soll – die EU-Kommission sagt für das Jahr einen Überschuss von 0,4 Prozent des BIP voraus. Für große Entlastungen, wie sie noch unter der Regierung von ÖVP und FPÖ geplant waren, fehlt jedenfalls der Spielraum. Türkis-Blau wollte über mehrere Jahre verteilt sechs Milliarden Euro in die Hand nehmen. Geplant waren u.a. eine Tarifentlastung und eine Senkung der Körperschaftssteuer.

Keine Rezession

Die Ökonomen der Kommission sind sich zusehends sicher, dass eine längere Abschwächungsphase, aber keine Rezession auf Europa zukommt. Das Wachstum der Eurozone wird laut EU-Kommission bis zum Prognoseende 2021 nur knapp über ein Prozent liegen. Damit werden die Hoffnungen, dass die europäische Wirtschaft rasch die Talsohle durchschreitet, enttäuscht. Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission: "Nun könnten schwierige Zeiten anbrechen." Er hätte gerne, dass Länder mit großem Budgetspielraum diesen zur Konjunkturbelebung nützen, während hoch verschuldete Staaten ihre Finanzlage verbessern.

Aus Brüssel kamen am Donnerstag aber auch gute Nachrichten. Die Eintrübung der wirtschaftlichen Lage bleibt großteils auf die Produktion eingeschränkt, die stark von den Exporten abhängig ist. Hier drückt der Handelsstreit zwischen den USA und China auf die Ausfuhren und Investitionen. Weil die Einkommen weiter wachsen und die Arbeitsmärkte stabil bleiben, erwartet die EU weiterhin eine robuste Binnennachfrage. Die niedrigste Arbeitslosigkeit seit der Jahrtausendwende soll in der Eurozone trotz der Abkühlung sogar weiter zurückgehen. (Andreas Schnauder, 7.11.2019)