In den Sondierungsgesprächen zwischen ÖVP und den Grünen wird bereits relativ detailliert über konkrete Maßnahmen verhandelt, aber auch die mögliche Ressortaufteilung spielt bereits eine Rolle. Beide Seiten loten offenbar aus, was gehen könnte – und was gar nicht. Auch wenn stets betont wird, Personelles werde erst am Schluss besprochen, kursieren auf beiden Seiten bereits Überlegungen zu möglichen Besetzungen.

Mittlerweile kursieren auch erste Überlegungen über eine mögliche Aufteilung der Ressorts.

Auf grüner Seite scheint fix zu sein, dass Parteichef Werner Kogler Vizekanzler wird. Offen ist, ob er in dieser Funktion nur ein kleines Ressort, etwa Beamte und Kultur, betreut und sich auf seine Funktion als Vizekanzler konzentriert oder ob er ein größeres Ressort übernehmen soll.

Genannt wird immer wieder ein neues Superministerium. Dass die Grünen die Umweltagenden bekommen sollen, ist klar. Die ÖVP möchte aber die Landwirtschaft herauslösen und bei sich behalten. Die Umweltagenden könnten mit der Infrastruktur, in der der gesamte Verkehr enthalten ist, zusammengelegt werden. Sollte Kogler das nicht selbst machen, und vieles spricht dagegen, dann gilt Leonore Gewessler als gesetzt. Die Politikwissenschafterin und Listenzweite bei den Grünen war zuletzt bei der Umweltschutzorganisation Global 2000 tätig.

Das zweite große Ressort, das den Grünen zugestanden werden soll, ist das Sozialministerium. Dort sind die Agenden Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gebündelt. Dafür wird Astrid Rössler, ehemals Landeshauptmann-Stellvertreterin und Landesrätin in Salzburg, genannt.

Grünes Rütteln am Finanzressort

Sowohl Grüne als auch ÖVP gehen davon aus, dass der Juniorpartner noch ein drittes Ressort und ein Staatssekretariat bekommen soll. Das Staatssekretariat wäre der koalitionären Logik folgend wohl im wichtigen Finanzministerium angesiedelt, wo alle Fäden der Finanzierung diverser Vorhaben zusammenlaufen. Oder die Grünen bekämen auch das Finanzressort, wie das der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi fordert. Ohne finanziellen Durchgriff sei Klimaschutz nicht möglich, argumentiert er. Allzu wahrscheinlich ist das aber nicht. Die ÖVP will dieses zentrale Ministerium mit Gernot Blümel besetzen.

Was stattdessen noch zu den Grünen wandern könnte, ist offen. Überlegt wird, wie man den Grünen die Zuständigkeit für die Integration geben könnte. Da gebe es mit Alma Zadic oder dem grünen Landesrat Rudi Anschober, beide Mitglieder im Sondierungsteam, auch die passende Besetzung. Die Integration allein ist aber noch kein Ressort.

Eingangsstatement von Grünen-Bundessprecher Werner Kogler vor dem letzten Sondierungsgespräch von ÖVP und Grünen.
DER STANDARD/APA

Ressortsplitting als Problem

Was die ÖVP zumindest zum Teil gerne loswerden würde, ist das Bildungsministerium. Die ÖVP würde die Agenda Unterricht den Grünen überlassen. Die könnte man auch mit der Integration kombinieren, das ergäbe Sinn. Die Wissenschaft will die ÖVP angeblich behalten und wiederum Heinz Faßmann damit betrauen. Die Grünen stehen diesem Vorhaben aber noch sehr skeptisch gegenüber.

Was die Grünen keinesfalls wollen und die ÖVP auch gerne los wäre, ist das undankbare Verteidigungsministerium. Wegen der anstehenden Entscheidung über Wohl und Wehe der Eurofighter samt notwendiger Nachbeschaffung von Trainingsflugzeugen reißt sich weder Türkis noch Grün um den dortigen Ministerposten. Vorschlag der Grünen: Man belässt dort den derzeitigen Expertenminister Thomas Starlinger im Amt. Der parteilose Militär wird als ehemaliger Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als durchaus Grün-kompatibel gehandelt. Für so manche Grüne ebenfalls denkbar: Dass Expertenminister Clemens Jabloner im Justizressort bleiben kann – aber gleich zwei unabhängige Minister werde es mit der ÖVP leider nicht spielen, so die Befürchtung. Abgesehen davon weiß man, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz von Jabloner keine großen Stücke hält, weil er ihn als Vertrauensmann der SPÖ in der Regierung ansieht.

ÖVP will Innenressort zurück

Dabei gebe es noch ein drittes Ressort, für das ein parteifreier Experte als Idealbesetzung genannt wird: das Innenministerium. Derzeit wird es von Wolfgang Peschorn geleitet. Eigentlich ist Peschorn Präsident der Finanzprokuratur. Eine Verlängerung im Innenministerium gilt als möglich, Peschorn ist zumindest ÖVP-kompatibel. Die viel wahrscheinlichere Variante ist aber, dass die ÖVP das Innenressort wieder kräftiger an die Kandare nimmt, das ist auch eine Forderung aus den ÖVP-dominierten Bundesländern.

Als Fixstarterin in der ÖVP gilt die Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger. Wenn sie nicht die Landwirtschaft bekommt, die aus dem derzeitigen Nachhaltigkeitsministerium herausgelöst werden soll, dann könnte es auch das Verkehrsministerium werden. Dass die ÖVP das hergibt, ist nämlich noch keinesfalls sicher.

Für das Wirtschaftsressort gilt Margarethe Schramböck als sichere Kandidatin, im Außenamt könnte Alexander Schallenberg, zu dem Kurz ebenfalls ein Vertrauensverhältnis pflegt, Minister bleiben.

Aber: All das sind Spekulationen auf Basis vieler Gespräche. Bei beiden Parteien ist der Entscheidungsfindungsprozess lange nicht abgeschlossen. Noch gibt es nicht einmal formale Beschlüsse, überhaupt in Koalitionsverhandlungen einzutreten. (Gerald John, Michael Völker, Nina Weißensteiner, 8.11.2019)