Er kommt aus New York, ist schwerreich, gilt als politisch spätberufen und wird von nicht wenigen als Retter einer siechen Nation herbeigesehnt. Damit, so viel steht fest, enden die Ähnlichkeiten mit Donald Trump aber auch schon.

Michael Bloomberg, 1942 in Boston in eine kleinbürgerliche Familie russisch-jüdischer Herkunft geboren und in Harvard zum Ingenieur ausgebildet, geht vielmehr als leibhaftige Antithese zu dem protzenden Erben im Weißen Haus durch.

Während der Präsident schon als Wahlkämpfer prahlte, er könnte auf New Yorks 5th Avenue jemanden erschießen und würde trotzdem gewählt werden – und damit vermutlich so falsch nicht lag –, zaudert Bloomberg schon seit Monaten, wenn es um die Bewerbung für die Präsidentenwahl geht.

Nun, so scheint es, hat er sich durchgerungen.

Im Gegensatz zu Trump hat sich Bloomberg sein – weit größeres – Vermögen freilich selbst erarbeitet. Immer schon zeichnete den Vater dreier Töchter das Talent aus, zum passenden Zeitpunkt die richtige Idee zu haben. Als ihn sein Arbeitgeber, eine Investmentbank, in den 70er-Jahren feuerte, entwickelte er eine automatisierte Datenbank, mit der sich Börsenkurse weit exakter vorhersagen ließen als damals – mangels Computer – üblich.

Die sogenannten "Bloomberg Terminals" wurden zum Verkaufsschlager, ihr Erfinder zum Milliardär und später zum Big Player in der Welt der globalen Wirtschaftsnachrichten: Sein TV-Sender Bloomberg gilt heute als seriös und – wichtig in Zeiten der Spaltung – politisch ausgewogen.

Seit Jahren setzt sich Bloomberg gegen die Waffengewalt auf US-Straßen ein.
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Populärer Bürgermeister

Bloomberg war 59, als er erstmals die politische Bühne enterte. Im Post-9/11-New York kandidierte der erklärte Liberale aus Wahltaktik für die Republikaner, beerbte das Raubein Rudolph Giuliani und regierte Nordamerikas größte Stadt ab 2002 mit beinahe ebenso harter Hand wie sein Vorgänger: Die von ihm forcierte Durchsuchungspraxis "Stop and frisk" der Polizei sorgte zwar für massive Kritik antirassistischer NGOs (und wurde 2013 für verfassungswidrig erklärt), half aber mit, die Kriminalitätsraten weiter zu senken.

Und doch legte Bloomberg stets Wert auf einen konzilianten Ton und sozialen Ausgleich. Gesellschaftspolitisch erwies er sich als liberal, setzte sich für die gleichgeschlechtliche Ehe sowie das Recht auf Abtreibung ein und forderte ein strengeres Waffenrecht. Auch das damals revolutionäre Rauchverbot in New Yorker Gaststätten hatte Bloomberg ersonnen.

CNN

Erst als der überaus populäre Pragmatiker 2009 entgegen dem Amtszeit-Limit ein drittes Mal zur Bürgermeisterwahl antrat, überspannte er den Bogen beinahe – nur knapp konnte er sich gegen seinen demokratischen Herausforderer durchsetzen. Bei seinem aktuell auf 56 Milliarden Dollar geschätzten Vermögen schlugen die zwölf Jahre im New Yorker Rathaus jedoch kaum zu Buche, einen symbolischen Dollar pro Monat betrug sein selbstgewähltes Salär.

"Betrüger" Trump

Nach dem Ende der Ära Bloomberg in New York wurde es kurz still um den Medientycoon; erst 2016 betrat er wieder die große politische Bühne und warnte auf dem Parteitag der Demokraten vor dem "Betrüger" Trump. Schon damals hatten Gerüchte die Runde gemacht, Bloomberg selbst könnte als Unabhängiger gegen seinen New Yorker Landsmann in den Ring steigen, was letztlich aber von taktischen Überlegungen vereitelt wurde.

Am 1. Jänner 2002 übernahm Bloomberg New York von Rudolph Giuliani.
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Später, nachdem Präsident Trump den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hatte, versprach der mittlerweile zu den Demokraten übergelaufene Milliardär, die laufenden Kosten von 4,5 Millionen Dollar für 2018 selbst zu übernehmen, die eigentlich für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen waren. Und auch 2018 fiel abermals der Name Bloomberg, als die Demokraten nach Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2020 suchten.

Nun, wo der andere Zentrist des Feldes, Joe Biden, in Umfragen mehr und mehr an Boden verliert, könnte die Stunde des Michael Bloomberg gekommen sein. (Florian Niederndorfer, 8.11.2019)